Re: Der Album-/Compilation-Definitions-Thread

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Herr RossiHier hat sich ja einiges angesammelt, aber noch niemand hat mir verständlich gemacht, warum man Compilations nicht von originären (Studio-/Live-)Alben unterscheiden kann. Aber heute abend mehr, einige angebliche Ausnahmefälle, die so zahlreich sein sollen, dass eine Regel nicht erkennbar ist, sind ganz interessant …

Natürlich kann man sie unterscheiden – und selbst die hier genannten Fälle, die schwer einzuordnen sind, lassen sich in ihrer Besonderheit gut beschreiben, wenn man sie von den Reinformen „Studio-LP mit neuem Material“ (SM) und „Kompilation“ (K) her betrachtet.

Der Behauptung, dass man aus Vergleichsgründen SM und K nicht in eine Liste packen könne, weil dann zu sehr Äpfel und Birnen durcheinander geraten, widerspreche ich allerdings heftigst aus empirischen und systematischen Gründen.

Empirisch: Von Robert Christgau bis zum RS-Mutterblatt – es sind nicht die Schlechtesten, die in Listen beides unproblematisch nebeneinander führen unterm allgemeinen Überbegriff „Die besten Alben“. Diese Leute würden das hier im Forum bisweilen vertretene Ausschließlichkeitsdogma womöglich als typisch deutsch abtun.

Systematisch: Wie begründest Du, dass der Unterschied zwischen SM und K „DER GRÖSSTE ALLER DENKBAREN UNTERSCHIEDE, DER VERGLEICHBARKEIT UNMÖGLICH MACHT“ sen soll? Wie begründest Du es, dass dieser Unterschied größer, systematisch entscheidender und Vergleichbarkeit sabotierender sein soll als beispielsweise der zwischen einer Jazzplatte, die an einem Tag live im Studio mit geringem Budget aufgenommen wurde und ausschließlich Standards enthält, über die ausgiebig und gesangsfrei improvisiert wird, und einer Pop-Platte, die über ein Jahr hinweg in exzessiver Soundfrickelei in sieben verschiedenen Studios mit neun verschiedenen Produzenten aufgenommen wurde und ausschließlich neu komponiertes, ganz auf den Gesang zugeschnittenes Material enthält, aber dafür keinen einzigen improvisierten Ton?

Die Aussparung von Ks in Beste-Alben-Listen ist nicht durch eine einmalig intensive Form von Plausibilität begründbar, sondern schlicht eine Setzung, so mehr oder weniger plausibel bzw. mehr oder weniger willkürlich wie viele andere Setzungen („Hier bitte bloß Jazz!“) auch: „Ich will hier nicht allgemein Eure Lieblingsalben, sondern Eure Lieblings-Studio-Original-Alben!“ Kann man machen. Muss man aber nicht.

In diesem Sinne ist es völlig legitim, wenn ein Thread-Eröffner sagt: Hier bitte nur Listen mit „originären Alben im von mir definierten Sinne“ rein! Vollkommen dumm und anmaßend wäre es hingegen zu sagen: „Leute, die in ihre Lieblingsalben-Listen Kompilationen aufnehmen, sind Musikfreunde zweiter Kategorie oder oberflächliche Gelegenheitshörer.“ (Schon gut, das hast Du nicht behauptet, und ich behaupte auch nicht, dass irgendjemand das jemals behauptet habe – ich stelle mir einfach vor, dass das rein theoretisch eines ganz fernen Tages mal passieren könnte …)

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