Re: Der Album-/Compilation-Definitions-Thread

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Der Album-/Compilation-Definitions-Thread Re: Der Album-/Compilation-Definitions-Thread

#9282175  | PERMALINK

motoerwolf

Registriert seit: 25.10.2006

Beiträge: 6,343

Herr RossiDas tun dann aber inzwischen vorsichtig geschätzt 99 % aller Künstler … Mich stört ja viel mehr die Verwässerung der Albumidee durch die inflationäre Verwendung von „Bonustracks“ bei den Neuerscheinungen der letzten Zeit.

Nun machst Du es aber komplizierter, als es ist. Wenn man selbst bei Wikipedia allgemein in der Lage ist, in Diskographien sauber zwischen „Studio Albums“, „Live Albums“, „Compilations“ und „Soundtracks“ zu unterscheiden, dann gibt es doch offensichtlich einen gewissen Konsens darüber, worin die Unterschiede liegen. Es gibt einen Begriff „Album“ im weiteren Sinne, der all diese Formate umfasst, aber mit „Album“ im engeren Sinne meint man sogenannte Studio-Alben. Da gehen Solo-Künstler X oder Band Y ins Studio, um ein Werk von längerer Spieldauer mit in der Regel mehreren Tracks aufzunehmen und diese dann als ihr neues, aktuelles Werk zu veröffentlichen. Mag sein, dass man meist vorab daraus eine Single veröffentlicht oder Tracks online stellt, aber es ist eben neue Musik. Eine Compilation ist dagegen eine Retrospektive und fasst Aufnahmen zusammen, die bereits an anderer Stelle veröffentlicht worden sind. Manchmal packt man noch ein paar unveröffentlichte Aufnahmen dazu, aber es bleibt eine Retrospektive. Es kann Grenzfälle geben, aber die gibt es überall, wo man zwei Dinge voneinander unterscheidet. Ich sehe einfach nicht, wo das Problem liegt? Ob man Kompilationen in ein Album-Ranking aufnimmt, kann jeder selbst entscheiden.

Unter Singles-Fans ist es unstrittig, dass die Idee der Single verwässert wurde, als man begann, sie zum Werbeträger für Alben zu degradieren, entweder als „Vorabsingle“ oder als „Auskopplung“, um das Interesse an einem Album wachzuhalten. Sie schätzen daher besonders exklusive Singles, die nicht auf Alben zweitverwertet werden, und Singles von neuen Künstlern, die noch kein Album veröffentlicht haben, weil in diesen Fällen besonderer künstlerischer Ehrgeiz in die Single investiert wird. (Dass die Vinylsingle heutzutage eine Liebhaberei ist, die aber gerade von noch nicht etablierten Künstlern gepflegt wird, ist klar, aber das Prinzip hat sich in die virtuelle Sphäre gerettet. Ehe ein Debütalbum produziert und veröffentlicht werden kann, versuchen neue Künstler, durch einzelne Tracks die Blogosphäre und die entdeckungsfreudigen Musikfans auf sich aufmerksam zu machen. Und oft ist diese Phase die spannendere und das Debütalbum enttäuscht.)

Nur ganz kurz, weil ich zur Arbeit muß: Wikipedia ist aber auch in der Lage, eine einigermaßen stimmige Definition des Begriffes Album zu liefern. Der Rest, den du schreibst, ist im Prinzip komplett daneben. Die Single ist keine Idee, sondern einer technisch vorgegebenen Einschränkung geschuldet. Die ersten Alben sind in erster Linie Single-Sammlungen mit ein paar neuen Tracks. Die Idee, die hinter eurem Albumbegriff steht, kommt eigentlich erst später auf (allgemein wird ja gern Sgt. Pepper als Meilenstein genommen). Noch kurz zu Bonustracks: auch hier möchte ich wieder den Vergleich mit Büchern anstrengen. Alben (RIs) mit Bonus entsprächen in etwa erweiterten Auflagen, evtl. auch HKAs. Wo ist das Problem, außer daß ihr so tut, als wäre Musik eine so statische Kunstform wie die Bildhauerei?

--

And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame