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MikkoWenn ich als Künstler dem Konsumenten von vornherein die Möglichkeit gebe, einzelne Tracks aus diesem Angebot zu erwerben und den Rest zu ignorieren, dann kann ich das mit dem Album nicht ernst gemeint haben.
Das tun dann aber inzwischen vorsichtig geschätzt 99 % aller Künstler … Mich stört ja viel mehr die Verwässerung der Albumidee durch die inflationäre Verwendung von „Bonustracks“ bei den Neuerscheinungen der letzten Zeit.
motörwolfInteressanterweise hat noch immer niemand den Begriff Album, wie er hier in Listenthreads gebraucht wird, einigermaßen schlüssig definiert. Der Grund dafür ist freilich denkbar einfach, eine solche Definition ist unmöglich. Das ehrlichste wäre einfach zu sagen: Was Album ist, bestimme ich. Denn einzig damit würde man der Schwammig-, ja Beliebigkeit des Begriffes gerecht werden.
Nun machst Du es aber komplizierter, als es ist. Wenn man selbst bei Wikipedia allgemein in der Lage ist, in Diskographien sauber zwischen „Studio Albums“, „Live Albums“, „Compilations“ und „Soundtracks“ zu unterscheiden, dann gibt es doch offensichtlich einen gewissen Konsens darüber, worin die Unterschiede liegen. Es gibt einen Begriff „Album“ im weiteren Sinne, der all diese Formate umfasst, aber mit „Album“ im engeren Sinne meint man sogenannte Studio-Alben. Da gehen Solo-Künstler X oder Band Y ins Studio, um ein Werk von längerer Spieldauer mit in der Regel mehreren Tracks aufzunehmen und diese dann als ihr neues, aktuelles Werk zu veröffentlichen. Mag sein, dass man meist vorab daraus eine Single veröffentlicht oder Tracks online stellt, aber es ist eben neue Musik. Eine Compilation ist dagegen eine Retrospektive und fasst Aufnahmen zusammen, die bereits an anderer Stelle veröffentlicht worden sind. Manchmal packt man noch ein paar unveröffentlichte Aufnahmen dazu, aber es bleibt eine Retrospektive. Es kann Grenzfälle geben, aber die gibt es überall, wo man zwei Dinge voneinander unterscheidet. Ich sehe einfach nicht, wo das Problem liegt? Ob man Kompilationen in ein Album-Ranking aufnimmt, kann jeder selbst entscheiden.
Wenn man jetzt noch berücksichtigt, daß Singles durchaus nicht immer nach dem Willen des Künstlers sondern dem des Labels ausgewählt werden, gehört das Format letztlich zu den Totengräbern des richtigen Musikkonsums (ausgenommen natürlich Tracks, die reine Singleveröffentlichungen sind). Eine Single wäre dann vielleicht vergleichbar mit dem Ausschnitt aus einem Gemälde.
Unter Singles-Fans ist es unstrittig, dass die Idee der Single verwässert wurde, als man begann, sie zum Werbeträger für Alben zu degradieren, entweder als „Vorabsingle“ oder als „Auskopplung“, um das Interesse an einem Album wachzuhalten. Sie schätzen daher besonders exklusive Singles, die nicht auf Alben zweitverwertet werden, und Singles von neuen Künstlern, die noch kein Album veröffentlicht haben, weil in diesen Fällen besonderer künstlerischer Ehrgeiz in die Single investiert wird. (Dass die Vinylsingle heutzutage eine Liebhaberei ist, die aber gerade von noch nicht etablierten Künstlern gepflegt wird, ist klar, aber das Prinzip hat sich in die virtuelle Sphäre gerettet. Ehe ein Debütalbum produziert und veröffentlicht werden kann, versuchen neue Künstler, durch einzelne Tracks die Blogosphäre und die entdeckungsfreudigen Musikfans auf sich aufmerksam zu machen. Und oft ist diese Phase die spannendere und das Debütalbum enttäuscht.)
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