Startseite › Foren › Das Radio-Forum › Roots. Mit Wolfgang Doebeling › 17.08.2014 › Re: 17.08.2014
Waterloo SunsetDanke, DJ, für diese schöne Erinnerung.
Es war damals schon klar, dass The Smiths fantastisch sind, Ihre Bedeutung wird einem erst jetzt, Jahrzehnte später, bewusst. Ihr Niveau: Unbeschreiblich. Ein Beispiel: 1984 als A-Seite ‚William, it was really nothing‘, auf der B-Seite ‚How soon is now‘ und ‚Please, please, please let me get what I want‘. Besser geht es nicht. Ärgert mich im Nachhinein nur, dass jetzt alle Leute aus dieser Zeit bhaupten, sie seinen „immer schon“ Fans gewesen. Meine Wahrnehmung war eine andere. Klar, sie hatten von Anfang an eine spürbare Anhängerschar, aber der großen Mehrheit blieben sie verschlossen. Erst mit ‚Panic‘ änderte sich dies.
@DJ: Randy Travis und The Replacements hattest Du bei ‚Kicks‘ in der 86er-Liste drin, Mick Jagger war mit ‚Hard Woman‘ 1985 noch in der Top 10, taucht jetzt aber gar nicht mehr auf. Was ist die Ursache für diese „Degradierung“ Letzteren? Auch ‚She was hot‘ ist ja, damals Single des Jahres 1984, schon etwas abgerutscht (und tauchte in Deiner Top 100 der Stones-Songs nicht auf). Demgegenüber scheinen The Jesus & Mary Chain und die Pogues retrospektiv in Deiner Wertschätzung etwas gestiegen zu sein.
Alles in allem: Die 80er gelten gemeinhin ja als verlorenes Jahrzehnt. Ganz so furchtbar war es dann doch nicht, möchte man jetzt sagen. Zumindest in der ersten Hälfte. Erst danach folgten die „dunklen Jahre“.
Deinen richtigen Anmerkungen zum Standing der Smiths ist hinzuzufügen: der Abstand zwischen der Rezeption im UK und jener in der deutschen Diaspora war enorm. Im UK vergöttert, in der BRD kaum wahrgenommen. Was nicht zuletzt am medialen Gefälle lag, es gab bei uns ja keine nennenswerte Musikpresse. Wichtiger noch für diese Dichotomie war freilich die „ganzheitliche“ Wahrnehmung von Pop in Britannien, während bei uns die Texte wie sonst auch nur beim relativ kleinen Kreis der Eingeweihten eine mitentscheidende Rolle spielten. Ein Unterschied ums Ganze.
Zu Deinen Fragen: „Hard Woman“ erschien, obwohl als 3. Single von „She’s The Boss“ geplant, dann doch nicht im UK. Jagger war darüber nicht erfreut, aber CBS argumentierte, die alternative Rock-Version hätte selbst im Erfolgsfall kaum einen Promo-Effekt für das Album, weil dort ja die orchestrierte Balladen-Fassung zum Zuge kam. So erschien die Version mit Jeff Beck zwar in Kontinental-Europa als Single, nicht aber im UK. Keine Degradierung also meinerseits, sondern bloß kein domestic release. Und „She Was Hot“ ist eigentlich kaum „abgerutscht“ (s. Countdown ’84), immer noch * * * * * und nur deshalb nicht in besagter Top100-Liste meiner Fave Stones-Tracks, weil es für mich halt mindestens hundert bessere gibt.
Und was die „dunklen Jahre“ betrifft: die brachen ja nicht plötzlich herein, sondern mählich, allerdings schon damals durchaus spürbar. In Zahlen ausgedrückt: Legte ich mir 1984 noch rund 300 Singles zu, waren es 1993 gerade noch 100, wobei die Abnahme in diesen 10 Jahren kontinuierlich verlief. Erst ab 1994 ging es qualitativ wie quantitativ wieder aufwärts mit 45s.
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