Re: bft #16 – vorgarten

#9215265  | PERMALINK

vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

Beiträge: 12,034

Friedrich#03

Das ist und bleibt mir ein Rätsel. Ich kann auch nicht erkennen, wo da der Bezug zu Parker seien soll. Mir fallen dazu eher solch Leute wie eben Steven Bernstein, Bill Frisell oder Jenny Scheinman ein, die sich an der amerikanischen musiktradition abarbeiten, aber die haben ja wohl nichts damit zu tun.

für mich wäre andererseits die frage, welche amerikanischen musiktraditionen hier abgearbeitet würden? das ist ja kein pastiche… und wie redbeans und gypsy ja schon richtig eingeordnet haben, befinden wir uns ja ende der 1960er…

Friedrich
#10
Die Feststellung, dass dies ein Bossa is,t könnte ich mir sparen, aber jetzt ist es passiert. Ich habe jetzt mal die Bemerkungen der anderen Kandidaten hier im BFT nachgelesen. Gut, es kommt hier wohl auf die Feinheiten in Ton und Spiel des Saxofonisten an. Vielleicht bin ich nicht genug Jazzhörer um das entsprechend wertschätzen zu können. Das hört sich für mich ansonsten zwar tadellos gemacht, aber nicht wirklich außergewöhnlich an. Bitte jetzt keine Diskussionen über den Begriff Feinheiten. ;-)

man könnte aber auch sagen: super komposition, sehr ohrwurmtauglich, einfach, aber catchy, eine „brazil“-variation natürlich, aber mit schönem b-teil. wie es gespielt wird, ist dann tatsächlich eine sache der feinheiten.

Friedrich#11
Huih, hier purzeln die Töne ja in reichlicher Zahl und Hals über Kopf aus dem Klavier. Unheimlich dicht, hört sich fast so an, als würden zwei Pianisten spielen. Ist natürlich auch Show, und die Reaktion des Publikums zeigt, dass dies seine Wirkung nicht verfehlt. Der Pianist wirft hier wirklich alles rein und ich glaube danach kann auch nichts mehr kommen. Das funktioniert ein bisschen darüber, dass es so halsbrecherisch klingt, man die ganze Zeit befürchtet, gleich bricht der Mann am Klavier sich die Finger und am Ende atmet man erleichtert auf, weil er doch noch heil ins Ziel gekommen ist. Danach erst mal tief Luft holen, Schweiß abwischen und den Applaus genießen. Spektakulär!

ich glaube, der schwitzt nicht. und bricht sich auch nie was. das publikum ist speziell, es kam zu einer würdigungsveranstaltung alter meister zu einem runden geburtstag. wie der herr hier reingeraten ist, weiß ich nicht, aber er hat sich das thema bud powell gewählt. ich glaube, die anwesenden waren froh, mal kurz aufgewckt zu werden.

Friedrich#12
Das mag ich natürlich. Das ist das Stück aus den 30ern, oder? ;-) Keine Ahnung wer das ist, Ellington fällt mir natürlich sofort ein, ist er aber wahrscheinlich nicht. Es ist auch etwas zu behäbig für den Duke. Es tappst so von einem Fuß auf den anderen. Ich weiß nicht, ob man diese Musik nur aus heutiger Sicht als etwas lustig wahrnimmt, oder ob sie damals auch so gedacht war. Hat etwas kabarettistisches, aber vielleicht war damals Jazz auch Musik fürs Kabarett. Ist ja nichts falsch daran. Die Klarinettisten sind jedenfalls witzig und charmant. Macht Spaß!

also der leader hier hat alles, was er konnte, im new orleanser rotlichtbezirk storyville gelernt. zum zeitpunkt dieser einspielung war er allerdings seriös unterwegs, brachte anständiges musiktheater auf gute bühnen und hatte einen umfassenden überblick über den heißesten scheiß seiner zeit. er ließ sich alle neuen kompositionen schicken und was ihm gefiel, nahm er auf. so auch dieses werk eines frühreifen genies…

Friedrich#13
Das klingt eigenartig. Absolut stoische Rhythmusgruppe, obercool und nicht aus der Ruhe zu bringen. Vibraphon und Piano ziehen unbeirrt ihr Ding durch, ohne nach links oder rechts zu schauen. Obwohl drum & bass völlig stur bleiben, gibt das einen eigenartigen Swing. Das perkussive Pino erinnert an Monk (ist er aber nicht). Ich habe das Gefühl, die treiben hier so ein Spiel mit dem Publikum, so als würden sie mit der Erwartungshaltung spielen. Ich denke ja, da muss doch irgendwann mal Bewegung rein kommen, aber außer dass bei den drums das Becken einsetzt, bleiben die genau da wo sie waren. Das ist irgendwie um die Ecke gedacht und für mich richtig spannend. Klingt schräg, mit dem klirrenden Vibraphon, den queren Klavierakkorden und diesen phlegmatischen d&b. Irre!

schweben und punktieren – so macht ein zusammenspiel von vibes und piano sinn. wie dabei diese eigenartige spannung entsteht, vermag man kaum zu sagen. monk ist das in der tat nicht, aber ein ähnlich origineller pianist der sperrigen art.

Friedrich#14
Hier kommt das Basssolo gleich ganz zu Anfang? Na gut, dann haben wir’s hinter uns! ;-)
Steinigt mich, aber ich finde das klingt für mich doch recht nach einem gut absorbierten … ja hoppla! – der Chor spricht die Wahrheit. Post-Bop, Post-Miles, Post-Coltrane. Es geht mir hier ein wenig so wie bei #10: Gut gemacht aber hebt sich eigentlich nur durch Feinheiten von vielen ähnlich gestrickten Sachen, die man zu kennen meint, ab. Ohne dass ich sie jetzt benennen könnte, gebe ich zu. Klingt ja nicht schlecht, klingt sogar gut, ist aber für mich nicht prägnant genug um wirklich Eindruck zu hinterlassen.

zum bassisten kann man nur sagen: he’s gotta have it. und bei dir ist die schublade hier schon wieder zu, glaube ich. ;-)

Friedrich#15
Das schließt eigentlich sehr gut an #14 an. Ein Sopran, das klingt dann schon gleich etwas außergewöhnlich, hier hat es sogar etwas geheimnisvolles, wie eine Schlangenbeschwörung. Tänzelt auch sehr schön mit dem ¾ Takt. Sehr satter und weicher Ton auf dem Sopran. Weiß nicht warum, aber für mich klingt das ein bisschen wie aus Tausendundeiner Nacht. Schön!

die musik hat ein thema, allerdings nicht tausendundeine nacht. eher: ein und dieselbe straße. aber mehr sage ich erst mal nicht. schön, dass es gefällt!

Friedrich#16
Melancholische Gitarre in einer Sommernacht. Wie für sich selbst gespielt, ohne jede Hast, sehr entspannt, afterhours Stimmung, nachdem die meisten Gäste schon gegangen sind und man etwas den eigenen Gedanken nachhängt. Am Ende höre ich, dass wohl doch noch einiges an Publikum da war. Und – huch! – es gibt ja noch ein Begleitung, die ich völlig überhört habe. Ich glaube, das wäre mir sogar noch lieber ohne Begleitung. Und vielleicht auch sogar noch langsamer. Ach, mir wird ganz melancholisch …

schöner song (ein standard – kennt den hier eigentlich keiner?), perfekte interpretation. da bleibt alles an wärme erhalten. aber es ist auch tatsächlich sommer – letzte junitage vor fast 40 jahren. so gitarre spielen zu können, ist ein traum. die begleitung darf an anderer stelle des albums (des auftritts) etwas mehr von sich zeigen – alle sind hier sehr gleichberechtigt.

Friedrich#17
Nochmal ganz großes Kino! Einsames Saxophon vor großer Kulisse. Lalo Schifrin? Deodato? Creed Taylor? Wie smooth das ist! Der Moment, wenn die Streicher einsetzen! Wahrscheinlich alles im Studio zusammengebastelt. Die Streicher (falls es überhaupt echte Streicher sind und nicht synthetische) sind garantiert overdubbed. Vielleicht bin ich hier als – zumindest zur Zeit – nur gelegentlicher Jazzhörer mal im Vorteil, denn das hier kann ich sehr gut unter anderen Gesichtspunkten hören. Großartiges Arrangement, großartiger Sound des Saxophons und großartige Athmosphäre. Man könnte das als Easy Listening abtun – und falsch ist das ja auch nicht -, aber es ist auch hoch raffiniert und kultiviert. Großes Finale!

DANKE!!! ich finde das auch wahnsinnig raffiniert. die streicher sind synthetisch, aber dafür live eingspielt, denke ich. schifrin finde ich eine naheliegende idee. ist aber jemand anderes. das album war übelster crate-digger-hype bis zum reissue, was leider ebenfalls ziemlich teuer zu erstehen ist gerade. ich habe das von einem menschen mit sehr großem, originellem plattenkoffer, der ansonsten eher elektronisch unterwegs ist (peter kersten a.k.a. lawrence).

Friedrich
#18
Das ist auch so smoothe Großstadtmusik, aber nicht so groß aufgeblasen. Das Bläser-Arrangement gefällt mir schon mal sehr gut. Sind das Flöten, die da über dem Blech liegen? Bundloser E-Bass. Ich vermisse das Fender Rhodes. ;-) Will da gar nicht auf Einzelheiten eingehen. Das gleitet sehr schön daher. Könnte eine späte CTI-Aufnahme sein. Aber es gab damals wahrscheinlich viele, die sich in diesem Sound versucht haben. Hübsch!

ja hübsch, nicht cti, aber durchaus anschlussfähig. ich finde nicht, dass es an substanz allen anderen sachen hier nahekommt, aber ich höre das trotzdem wahnsinnig gerne.

FriedrichWar aufwändig aber auch anregend, diesen BFT zu „prüfen“. Track 03, Track 13 und Track 17 sind für mich die Highlights. Da bin ich auf die Auflösung gespannt.

UDW hat #3, glaube ich. hoffentlich berichtet er bald davon. #13 hat gypsy. #17 wird niemand kennen, glaube ich – da lad ich dich dann mal zum anhören des albums ein.

--