Re: bft #16 – vorgarten

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vorgarten

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redbeansandrice@vorgarten: Tausend Dank! wie du siehst hat es mir gefallen!

danke dir.

redbeansandrice1) hab ich ein etwas gespaltenes Verhältnis zu… Sängerinnen, die Gedichte vorsingen (?) gibt es ja scheinbar weiter unten nochmal, find ich an sich unterstützenswert, aber die Stimme find ich von Phrase zu Phrase mal super, mal ein bisschen übertrieben… und auch das mit den flächigen Bässen unten drunter find ich im Prinzip gut, aber was die Herren da machen nur 80% gelungen (vor allem diese hohen, flirrenden Töne, die gelegentlich eingestreut sind…)

das gedicht ist schon ein song, gypsy hat ihn erkannt. tatsächlich singt die sängerin (obwohl sie auch als scat-artistin bekannt ist) hier nicht viel mehr als text & melodie. die begleitung mag ich offensichtlich mehr als du. das aufschluchzen durch die registerwechsel hat natürlich auf der textebene eine entsprechung.

redbeansandrice2) das ist ein interessanter Track. Von der Rhythmusgruppe und so her ist das klar, post-coltrane „spiritual jazz“ etc… das eingesetzte Blasinstrument verwirrt mich leicht. Das scheint klar Klarinettenfamilie und nicht Saxophonfamilie zu sein – aber eine normale (Bass)-Klarinette klingt eher anders (und gefühlt ist die Tonlage dieses Instruments auch dazwischen). Ich behaupte einfach mal: das ist ein Tarogato. Und wenn das stimmt, schränkt das die möglichen Musiker ja ziemlich ein. Nicolas Simion spielt zB Tarogato in stilistisch ähnlicher Musik, aber was ich von ihm kenne, ist alles „osteuropäischer“, das hier ist ziemlich exakt genauso östlich wie Coltrane at the Village Vanguard. Der Pianist gefällt mir! (Pro Simion wäre noch das was über p/b/dr hinaus in der Rhythmusgruppe zu hören ist.)

die post-coltrane-spiritual-jazz-begleitung nervt mich tatsächlich selbst – sie hätte beinahe verhindert, dass ich das stück aufgenommen habe. man kann es tausend mal hören (und hat das auch schon tausend mal gehört) und man entdeckt einfach nichts neues dabei. aber da geht es um das selbstverständnis der produktion hier. das soll nicht viel mehr ergeben als solides backing. was da ge-backt wird, ist natürlich spektakulär. ich darf nicht allzuviel verraten hier – was da genau geblasen wird, ist auch schon so eine sache, wird wohl ein eigenbau sein oder was gefundenes… klavier finde ich auch grandios. simion ist hier nicht dabei.

redbeansandrice3) Das erinnert mich an die Sachen, die clevere britischen Arrangeure in den 70er Jahren zu Songwriteralben von Nick Drake, Bill Fay etc beigesteuert haben… Gefällt mir dort, gefällt mir hier (wo die Songwriter durch zwei duellierende Saxophonisten ersetzt sind), entsprechend rate ich mal, dass das hier so Leute wie Michael Gibbs, Mike Westbrook, John Surman, Neil Ardley etc sind

ich fürchte ich kenne diese clever arrangierten songwriteralben alle nicht. das ist hier auch was ganz anderes. ich könnte mir aber vorstellen, dass die songwriter und vor allem ihre arrangeure das hier kennen und lieben.

redbeansandrice4) Da kann man jetzt wenig gegen sagen, das Klavier ist so sparsam, dass man es kaum kennenlernt (macht aber alles richtig), der Text passt schon, sowas reden Leute wirklich, und (vielleicht das größte Plus) die Melodie ist interessant geführt und auch rhythmisch weiß man nie genau was als nächstes kommt… aber letztlich ist das nicht für mich…

sowas reden leute wirklich? ;-) anonsten kann ich hier nur den angekündigten haken setzen. abgesehen davon, dass mich diese stimme wirklich extrem berührt. aber das ist ja schwer zu kommunizieren.

redbeansandrice5) Das ist genau mein Ding; natürlich überhaupt nicht so aufgenommen, wie es sollte (bei der Orgel ist man sich nicht 100% sicher, ob sie von der anderen Schallplattenseite durchklingt, oder dazu gehört). Beide Soli sind mutiger/moderner als man es bei dieser Art von Musik erwarten würde, vor allem aber das Tenor… mit etwas nachdenken über den Tenoristen, war es dann auch leicht zu erraten, wo der Track herkommt… (und dass es auf der anderen Seite der Platte keine Orgel gibt…)

ich glaube, das habe ich dabei, um zu zeigen: sowas höre ich durchaus auch mal (gerne). aber du beschreibst es exakt so, wie ich es höre. toll die idee mit der von der anderen seite durchschimmernden orgel… war klar, dass man den tenoristen leicht erraten kann.

redbeansandrice6) Das lange, flirrende Intro bereitet einen irgendwie überhaupt nicht auf das vor, was danach kommt – und nach dem Intro hätt ich glaub ich ein unkonventionelleres Thema erwartet, als das vergleichsweise konventionelle, das dann kam (und schnell wieder vorbei war). Das Trompetensolo fand ich hübsch und fast virtuos, auch wenn es mich nicht so richtig gepackt hat. Tenor find ich dann letztlich wohl das stärkste Solo hier, weil es viel mehr Dynamik hat, ich den Phrasen/Ideen über die längsten Zeiträume folgen kann. Was ich von dem Klaviersolo halten soll, ist mir nicht 100% klar, das ist nicht ganz so Tyner/PostColtrane etc wie meistens bei dieser Art Musik, sondern ein bisschen verspielter, mehr auf die Höhen… Ich glaub aber, alles in allem kenn ich stärkere Tracks aus dem Genre.

klavier ist für mich ganz klar eher hancock als tyner. dass du den tenoristen magst, war klar, mit dem hast du was. ich mag die trompete sehr, sehr, sehr. und den spieler wollte ich unbedingt mal drin haben in seiner modernität, die immer auch etwas modernitätsfeindlich ist. die ganze musik hier hat was entschieden beharrendes, ist dabei aber hellwach. soulpope wäre wahrscheinlich der richtige mann hier.

redbeansandrice7) Sowas würd ich mir wohl nie auf Albenlänge anhören, aber diese 5 Minuten sind genau die richtige Portion, toller Tenorton, schön wie der Schlagzeuger mehr kommentiert, als irgendwie für Rhythmus zu sorgen, Basssolo ist auch prima, der Bassist gefällt mir eh sehr gut; weiß nicht ob ich den Track verstanden hab, aber ich mochte ihn…

alles empfinde ich genauso. einer der tollsten noch aktiven tenoristen überhaupt.

redbeansandrice8) hier bin ich jetzt sehr gespannt auf die Lösung – wenns das in Albumlänge gibt, brauch ich das. Das Stück müsst man eigentlich erkennen, oder? Klaviermusik muss nicht permanent „klingeln“, um mir zu gefallen, aber wenn sie es tut, hat sie einen Stein im Brett, dazu der stetige „wippende“ Rhythmus, die cleveren rhythmischen/harmonischen Abgleiter und kleinen Kniffe, genau richtig dosiert, ist super!

so, erster freudensprung hier. nein, das stück muss man nicht kennen – es ist aber so gut, dass es nicht zu fassen ist, dass man es kaum kennt. das ist von jemandem, der gerne mal 10 oder 20 jahre an einem song gebastelt hat, der dann so einfach und klar und tief daher kommt. diesem pianisten hier wünsche ich die gleiche beharrlichkeit, sonst bleibt er so unentdeckt wie er es momentan ist.

danke für teil1!

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