Re: 16.03.2014

#9127365  | PERMALINK

wolfgang-doebeling
Moderator
KICKS ON 45 & 33

Registriert seit: 08.07.2002

Beiträge: 7,351

Der Antrieb ergibt sich aus der Beschäftigung mit britischer Kulturgeschichte und Erfahrungen vor Ort.

Zu Deinen Vorurteilen: in den Folk-Songs, gerade in den tradierten, tobt das Leben. Traditionelle Werte, feste Rollenverteilung, starre Systeme? Himmel, nein!! Es gibt keine andere Songkultur, die so viele und so radikale Grenzüberschreitungen kennt wie Folk. Kein Wunder, geht es doch meistens um Befreiung: von Tyrannei, von Armut, von menschlichen Schwächen. Das sind gesungene, nacherlebte Stationen gesellschaftlicher Evolution, in denen es oft um nicht weniger als das Existentielle geht. Daneben nehmen sich die Wehwehchen hedonistischer Popkünstler doch eher banal aus. Und weil Du die Rollenverteilung in den Beziehungen von Mann und Frau explizit ansprichst: gerade diese wird in unzähligen Folk-Songs thematisiert, in allen erdenklichen Situationen, nicht selten mit emanzipatorischem Furor. Listen, listen!

Was Deine Aversion gegen hohe Frauenstimmen angeht, bin ich freilich ratlos. Shirley Collins scheidet dann für Dich ebenso aus wie Maddy Prior, fürchte ich. Sandy Dennys oder June Tabors Gesang ist hingegen doch ein eher dunkles Timbre eigen, vielleicht ist da noch etwas für Dich zu holen. „Lange, geblümte Gewänder“ gab es durchaus, „bärtig und langhaarig“ war ich selbst vor 40, 45 Jahren: sorry.

David Bowie und Roxy Music liebte auch ich damals, sehr sogar, vor allem ’72 bis ’74, aber wenn ich heute die Klamotten anschaue, die von Deinen Erlösern damals paradiert wurden, kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ich meine, das waren erwachsene Männer! Wie sagte Eno später kopfschüttelnd: „We looked like idiots“.

--