Re: Motown – Hits vom Fließband

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bullschuetz

Registriert seit: 16.12.2008

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Go1Es sind immer die versammelten Talente und Mühen einer bestimmten Kombination von Leuten, die die künstlerischen Leistungen möglich machen (und nicht das Gewinnstreben oder das ökonomische Kalkül). Zu dieser Kombination von Leuten (nennen wir sie: „das Kollektiv“) zählen in erster Linie die talentierten Musiker, Songschreiber und Produzenten, im weiteren Sinne aber auch die „facilitators“, die dazu beitragen, dass die richtigen Musiker zusammenkommen und ein Umfeld vorfinden, in dem sie schöpferisch tätig sein können, die jeweiligen „Musen“ usw. Mit diesem Hinweis hat Bullschuetz völlig recht – nur ist das gar kein Argument für seine These!

Der Denkfehler geht so: Ein Kollektiv von Leuten erbringt durch die Kombination ihrer Tätigkeiten bestimmte Leistungen – und weil es eine Firma war (ein „Einzelkapital“), die diese Leute zusammengebracht hat, zum Zwecke des Geschäftemachens, schreibt man die Leistungen nun fälschlicherweise der Firma zu (dem Kapital) oder gar dem Zweck, aus Geld mehr Geld zu machen. Dabei ist es immer nur das Kollektiv, das die Leistungen erbringt, die Leute, die da arbeiten und musizieren – und diese Leute könnten genauso auch ohne den Geschäftszweck zusammenarbeiten und ihre Talente verwirklichen. Die sachliche Voraussetzung ist nur, dass sie an die nötigen Produktions- und Lebensmittel herankommen.

Tut mir leid, ich finde, auf diese Art wird das Besondere an Motown wegerklärt. Ich schätze, ich muss das näher begründen – dafür fehlt mir heute Abend die Zeit. Ich bleibe dran. Ganz kurz vorerst nur: Natürlich hätten theoretisch die beteiligten Backing-Musiker, Produzenten, Songwriter, Sänger auch ohne Geschäftszweck zusammenarbeiten können. Praktisch wäre es in dieser Kombination aber mit ziemlicher Sicherheit nie dazu gekommen, wenn es nicht diese Firma gegeben hätte, die als Talentbündelungs-Unternehmen mit enormer Strahlkraft fungierte, das Puzzlespiel, wer zu wem passt, mit sicherem Instinkt betrieb und dabei immer einem Crossover-Markteroberungs-Ehrgeiz folgte, einer kommerziellen Ambition, die natürlich auch die musikalische Gestaltung prägte. Und das Ganze stand nun mal unterm Zeichen „Selbständiges Unternehmertum in schwarzer Hand“, es gehörte eben zum Antrieb gerade nicht nur, Musik zu machen, sondern auch das Prinzip „Schwarze Künstler, weiße Vermarkter und Geldverdiener“ zu durchbrechen.

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