Re: Eels – The Cautionary Tales of Mark Oliver Everett

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jan-lustiger

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elo4evermattAlso auf der letzten Tour habe ich definitiv eine Rockband gesehen!

Ich leider auch.

elo4evermattAuf ELECTRO SHOCK BLUES hat er nicht unbedingt andere Songs geschrieben als in den letzten 5 Jahren. Grade dieses Album muss aber immer als Referenz für seine songwriterischen Qualitäten herhalten. Ich sehe da keinen extremen Qualitätsabsturz.

Das ist mir unverständlich. Bis auf die Tatsache, dass er sich weigert, mal über ein anderes Thema zu schreiben, hat sich so ziemlich alles in seinem Songwriting zum schlechten gewandelt. Du willst doch nicht ernsthaft sagen, dass auch nur irgendeiner seiner Post-Blinking Lights-Songs auch nur den Hauch der wunderschönen Tragik eines Climbing to the Moon hat? Dass er seitdem auch nur eine Zeile geschrieben hat, die das Auf und Ab des Lebens so schön umschreibt wie „I was at a funeral the day I realised I wanted to spend my life with you“? Selbst die guten Songs, die er seitdem gemacht hat, sind davon so weit entfernt, dass ich diese Aussage sogar mit Fanbrille einfach nur abwegig finden kann. Der Qualitätsabsturz ist gigantisch.

Lies mal den Text, den ich oben verlinkt habe, da geht es genau darum. Ich zitiere mal daraus: Seine neuen Songs sind „fantasielose, direkte Aufzählung[en] von Emotionen, die Everett einst über alltägliche wie fantastische Sinnbilder indirekt auszulösen verstand“. Und das ist noch nicht einmal das schlimmste. Er erzählt die immergleiche Geschichte derart banalisiert, dass die in ihren Konturen liegende Schönheit komplett verlorengeht. Früher ging es um die Ambivalenz des Leidens. Aus etwas schlechtem kann etwas schönes folgen. „I was at a funeral the day I realized I wanted to spend my life with you“ eben. Trauer und Liebe sind hier untrennbar verbunden, eine Absage an eine schwarz-weiß gedachte Welt. In genau der lebt er aber in den neuen Songs. Da geht’s ihm schlecht, dann trifft er ein Mädchen und es geht ihm wieder gut, dann verlässt sie ihn, dann geht es wieder von vorne los, und zwischendurch klopft er sich immer wieder mal auf die Schulter, weil er ja so ein Steh-Auf-Männchen sei. In Tracks wie Baby Loves Me oder New Alphabet (beides Blaupausen für schlechtes Songwriting) passiert überhaupt nichts zwischen den Zeilen. Die Schönheit, die E einst in der Tragödie gefunden hat, ist fort. Stattdessen: Ermüdende Stagnation auf Basis der Erkenntnis, dass es positive und negative Gefühle gibt.

Ich wäre froh, wenn mir die Eels aus dem Grund nicht mehr gefallen würden, dass Everett jetzt eben ganz was anderes macht, mit dem ich nichts anzufangen weiß. Leider ist es aber so, dass er immer noch das gleiche macht, aber in einer derart stupiden Variante, dass einfach jede Finesse, jede Poesie, die den Reiz der alten Sachen ausgemacht hat, weg ist. Und das ist einfach nur ärgerlich.

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