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@Whole Lotta Surfin´
>Deine Meinung sei dir belassen. Die Bezeichnung „Machwerk“ halte ich schon für sehr abschätzig. Da will es mir nicht in den Kopf, wieso man dann noch Geld für DVD und Downloads ausgibt.< Erstmal vielen Dank dafür, daß Du nicht gleich an die Decke gehst nach meinem Eintrag. Das wäre in vielen Foren schonmal die Standardreaktion!
So macht dikutieren spaß (...falls Du noch Lust hast :o)!
Ich bin hier heute mehr zufällig reingestolpert und konnte bei dem Thema nicht widerstehen :o).
Wie gesagt, ich bin ein großer Freund von Musik und Musiktheater im speziellen. Da ist es jetzt egal, ob das Konzeptalbum, Filmmusik, Musical oder Oper ist. Ich wollte hier sichergehen, daß mich mein erster Eindruck, bei dem ich ja nun etwas überfahren wurde, falsch liege, da "the Wall" für viele ja wirklich etwas besonderes ist.
Ich gebe auch gerne zu, daß ich den Film erst nochmal bei youtube gesehen habe und mir die DVD wegen der Extras gekauft habe. Und die Welt kostet die ja nun auch nicht mehr.
Die Diskussion über objektive Kritierien bei der Einordnung von Musik habe ich jetzt nur rasch überflogen. Das muß ich mir im Detail mal heute abend anschauen.
Daß ich "The Wall" nicht besonders mag, ist ja nun kar geworden.
Wenn mir Musik nicht gefällt - und das kommt ja bei jedem immer mal wieder vor - dann mache ich sie aus, oder gehe aus dem konzert, oder was auch immer, ich höre sie mir halt nicht mehr an.
Es ist mir bisher genau zweimal passiert, daß mir Musik nicht nur nicht gefiel, sondern daß sie mich wirklich wütend gemacht hat; wütend über das, was mir
da als große Kunst verkauft werden soll. Das war zum einen bei einer nichtinszenierten "Aufführung" von "Freitag aus Licht" von Karl Heinz Stockhausen und beim zweiten mal bei "The Wall".
Das liegt daran, daß ich als Musikhörer schon ernst genommen werden möchte. Da ich im Falle von "The Wall" jetzt als erstes den Film sah, der in der Wahl seiner Bilder nun wirklich nicht zimperlich ist und die schon beschriebene Klo-Szene echt an die Ausreizgrenze des Machbaren geht - was hätte man jetzt noch mehr zeigen können, um dem zuschauer zu zeigen, daß sich Pink nicht ganz wohl fühlt...- konnte ich an die Musik anschließen nur noch vorbelastet gehen.
Aber selbst mit einer gewissen Distanz ist für mich schwer nachvollziehbar, wo hier Beeindruckendes musiziert wurde. Das hat seinen Grund vor allem darin, daß es eine Waters-Spezialität ist, textliche Aussagen zu machen, ohne sich weiter um die Musik zu kümmern. (Irgendwo habe ich gelesen, daß "Roger Waters viermal die gleiche Musik verwenden kann, um einen Text, der gesagt werden muß, unterzubringen, während Gilmour vier Melodien mit dem gleichen Text verwenden würde"...oder so ähnlich).
Das geht passender zusammen, wenn man entsprechend konzipiert. Und hier finde ich, ist Jim Steinman ein schönes Beispiel. Seine Melodien sind oft recht einfach, die Harmoniemuster trivial, aber die Aussage des ganzen hat Nachdruck, ist bombastisch und bleibt im Kopf, ohne den Holzhammer zu benutzen, bluttriefende Bilder zu brauchen oder mit dem Faschismus zu provozieren. (Das ist natürlich auch wieder subjektiv).
Die Wall-Musik selber ist auch recht trivial aufgebaut, ohne aber das Mitreißende eines Steinman zu haben oder das Virtuose von einer Band wie z.B. Toto, ist aber bis zum Umfallen mit (eigentlich unmusikalischen) Effekten angereichert. Das wird dann noch mit einer betroffenen Intention verknüpft und präsentiert, als hätten die Macher als einzige die Wahrheit erkannt. Und da fühle ich mich dann verschaukelt - genau wie bei Stockhausen.
Die Klangsprache der Floyds ist schon immer eine sehr eigenwillige gewesen (Anders kann man sich als Band natürlich auch kein Profil berschaffen, das ist schon klar), die aber viele Freunde hat. Die Band spielt oft lange auf der gleichen Harmonie, ohne das weiter etwas passiert. Die Musik ist hier quasi im Klang und nicht mehr in der Bewegung, der Aussage oder im dramatischen Fluß. (Um bei "The Wall" zu bleiben ist "Run like Hell" so ein Stück). Und da fehlt mir dann einfach das Packende (wieder subjektiv).
Das zeiht sich durch die gesamte Diskographie. Der Klang wird zum Ereignis, weniger die Melodie; die Show bleibt im Kopf, weniger das Konzert.
Ich gehe an Musik immer von der emotionalen Seite ran (sonst könnte asie mich auch nicht wütend machen :o)). Für mich ist Musik gut, wenn sie mich allein durch das Hören mitreißt. Da ist es egal, ob das nun "YMCA", oder der dritte Akt der "Walküre" ist, ob das "Bat out of Hell" oder "Ghost Love Song" von "Nightwish" ist, "Let me entertain you" oder die "Konfrontation" aus "Jekyll und Hyde". Musik muß Emotion transportieren, dann ist sie gut (-> subjektiv).
Tut sie das nicht, ist sie für mich keine Musik, wird aber in diesem Kontext diskutiert. Begriffe wie „bombastisch“ und „dramatisch“ haben für jeden Hörer wahrscheinlich ganz eigene Aussagen. „The Wall“ kann ich nun mit beiden nicht in Verbindung bringen.
Es geht hier auch gar nicht um Musik, wenigstens nicht primär, sondern um Vergangenheitsbewältigung und Frustabbau.
So, jetzt bin ich etwas abgeschweift.
Ich hatte geschrieben, daß mich die Musik wütend gemacht hätte.
Und wenn sowas passiert, ist es um so schwerer nachzuvollziehen, warum so viele andere diese Musik wirklich lieben. Und genau das macht dann schließlich mein tiefergehendes Interesse aus, für das ich dann auch mal 7.99 für eine DVD ausgebe :o).
Mich würde ganz ehrlich (als Diskussion) interessieren, was genau an „The Wall“ so beeindruckend ist, daß sich die Platte so gut verkaufte und verkauft Hunderttausende nach Berlin zur Aufführung fuhren.
Gruß
Wotan
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