Re: Peter Hammill / Van der Graaf Generator

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stillstand

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Ich mach mal ein bisschen Werbung für Hammill. Und stell mal meinen Vorbericht fürs Karlsruher Konzert am Montag hier rein.

Peter Hammill kommt ins Tolhaus

Seine Musik war immer opulent, aber zugleich auch spröde. Schon die Platten seiner Band Van der Graaf Generator aus den Jahren 1968-1978 liessen sich nie so recht mit den auch damals schon recht bombastischen Genesis in eine Schublade zwängen. Irgendein schräges Eckchen guckte immer raus. Abenteuer liegt dem damaligen und dem heutigen Hammill näher als Pomp. In seinen oft verwinkelten Kompositionen hat er die Musik nicht selten zum mäandrierenden Text hingezwungen, nicht umgekehrt. Und diese Musik hatte bisweilen eine Intensität, die durchaus für Aggression missdeutet werden konnte. Vielleicht haben sich deshalb auch Musiker wie John Lydon, Nick Cave oder Blur auf ihn berufen. Das Magazin MOJO schrieb jüngst: „Die Musik von Van der Graaf war, wie wenn man mit stechenden Schmerzen in den Armen aufwacht, und in der Sockenschublade ist eine Klapperschlange.“ Dazu musste sie aber nie laut, verzerrt oder schnell sein. Und daran hat sich auch mit seinem 24. Soloalbum (sieben davon hat er schon während seiner Van der Graaf-Zeit eingespielt) nichts geändert.
„Clutch“ heißt die Platte, und sie zeigt Hammill wieder mal in fast puristischer Form, die Stimme und die Gitarre. „no, this is not a folk album….!” Warnt der 54jährige. Und wenn er mit Folk hymnische Gesänge betrunkener Barden meint, dann könnte Clutch kaum weiter davon entfernt sein. Trotz des Kreativen Prozesses, der diese Missverständnis möglicherweise nahe legt: „Dieses Mal habe ich mich darauf beschränkt, ausschließlich auf der akustischen Gitarre zu schreiben und zu spielen. Auf diesem Instrument habe ich vor fast vierzig Jahren angefangen, Songs zu schreiben, also hat das in gewisser Weise die Rückker zu meinen ursprünglichen Prinzipien bedeutet.“ Eine Herausforderung in Sachen Disziplin nennt Hammill den Entstehungsprozeß. Und bei aller Vielfalt dieser neuen Songs trotz der selbstgesteckten Grenzen: Es ist in der Tat die erste Veröffentlichung, die ihn von der rein akustischen Seite zeigt.
Hammill mit den Gitarren, mit sich selbst im Duett und Chor singend. Dazu diese merkwürdig jenseitigen Soundcluster von David Jackson (Saxophon, Flöten), der auch schon bei Van der Graaf blies. Und die unaufdringliche Geige von Stuart Gordon, der Hammill bei seinem Auftritt im Tollhaus begleiten wird. Und die Klänge dieser beiden Instrumente, die immer wieder in einen langen, ruhigen Fluß münden. Kein Folk, soviel ist klar. Aber auch keine greifbaren Songstrukturen. Rhythmisch nach allen Seiten offen, immer im Midtempo oder Slow-Bereich angesiedelt, lässt Hammill seine Melodien einfach baumeln. Auch das Lay Out des Booklets zu „Clutch“ ist deutlicher Hinweis genug: Die Lyrics stehen hier schwarz auf weiß, wie Short Stories. Sätze wie „You’ve got the whole thing at your fingertips, already scripted in an alien Braille, snagged up under your fingernails” lassen sich in der Tat schwer als schunkelselige Mitsing-Chorusse vorstellen. Zwei Jahre lang war Hammill nicht in Deutschland. Die Gemeinde ist hungrig. Und die Gemeinde nimmt auch Neumitglieder mit offenen Ohren gerne auf.

Peter Hammill ist am 27. Januar um 20.30 im Karlsruher Tollhaus zu hören.

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