Re: bft#14 – gypsy tail wind

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gypsy-tail-wind
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Danke allen, die sich die Zeit genommen haben und sich mit der Musik auseinandersetzten mochten! Wie immer eine sehr spannende Erfahrung!

Ich will manches nicht weiter kommentieren, da ich schon alles gesagt habe … aber ich freue mich über weitere Rückmeldungen oder Fragen!

Also …

BERNARD PEIFFER
1. I WANT TO BE HAPPY (Irving Caesar/Vincent Youmans) 5:17

Roger Guérin (euph), Bobby Jaspar, Bib Monville (ts), Bernard Peiffer (p), Jean-Marie Ingrand (b), Jean-Baptiste „Mac Kac“ Reilles (d); arr. Francy Boland
Studio Magellan, Paris, 14. Januar 1954
von: Bernard Peiffer and his Saint Germain des Près Orchestra (Blue Star 10″ LP 6842 / CD: Modern Jazz at Saint-Germain-des-Prés, Jazz in Paris-Reihe, 2000)

VON FREEMAN
2. SMILE (Charlie Chaplin/John Turner/Geoffrey Parsons) 3:11

Von Freeman (ts), Richard Wyands (p), John Webber (b), Jimmy Cobb (d)
Avatar Recording Studios, New York, Datum unbekannt
von: Good Forever (Premonition, 2006)

BARBARA LEA
3. A STRAW HAT FULL OF LILACS (Willard Robison) 2:45

Barbara Lea (voc), Adele Girard (harp)
Van Gelder Studio, Hackensack, NJ, 1. Mai 1957
von: Prestige 14-11 (CD-Bonustrack auf „Barbara Lea“)

Hierzu rasch … ich stellte in einem früheren BFT Jack Teagardens „Think Well of Me“ vor, eine Scheibe, die ich enorm schätze. Da und später bei Mildred Bailey lernte ich die Songs von Willard Robison kennen – und lieben. Das hier ist eine Kleinigkeit, ein Stück von einem Album, wie es sie damals öfter gab, aber diese Art zu singen ist längst eine ausgestorbene Kunst.

RAHSAAN ROLAND KIRK
4. PETITE FLEUR (Sidney Bechet) 7:34

Rahsaan Roland Kirk (cl, ts), Ron Burton (p), Vernon Martin (b), Jerome Cooper (d), Joe „Habao“ Texidor (perc)
live, Paris, 1970
von: Dog Years in the Fourth Ring (32 Jazz, 1997)

Diese phantastische Tripel-CD-Box war mein Einstieg in die Welt des Roland Kirk … ein Set, das ich bis heute sehr mag. Die ersten zwei CDs enthalten Stücke mit unterschiedlichen Bands, live aufgenommen in Europa 1963-75 mit Musikern wie Tete Montoliu, NHOP, Daniel Humair, George Gruntz, Ron/Rahn Burton, Donald Smith, Hilton Ruiz. Eine sehr feine Auswahl von Raritäten (nur weniges davon ist vollständig[er] im Umlauf, soweit ich weiss). Auf der dritten CD gibt es das Album „Natural Black Inventions: Root Strata“ (Atlantic, rec. 1971), ein Solo-Album, auf dem Kirk neben den üblichen Saxophonen, Klarinetten, Flöten und Pfeifen auch einiges an Percussion und ein Harmonium bedient). Sidney Bechets „Petite Fleur“ kannte in Paris damals wohl noch jeder Jazzhörer – Bechet hatte sich in Frankreich niedergelassen und wurde dort wie ein König hofiert (siehe oben das Film-Material von seiner Hochzeit!) und „Petite Fleur“, das sentimentale Pseudo-Tango-Stück, war wohl sein allergrösster Hit. Ich stelle mir vor, dass Kirk es als Zugabe gespielt haben könnte, aber so genau weiss ich das nicht (John Stubblefield hat einen schönen Text verfasst für das Booklet, aber auf die einzelnen Titel geht er nicht ein).

ROY HAYNES
5. SOFTLY AS IN A MORNING SUNRISE (Oscar Hammerstein II/Sigmund Romberg) 3:29

Frank Strozier (as), Sam Dockery (p), Larry Ridley (b), Roy Haynes (d)
Los Angeles, Mai 1964
von: People (Pacific Jazz PJ(S) 82 / EMI Japan Reissue, 2010)

Roy Haynes … im Triumvirat mit Max Roach und Elvin Jones (dem Guten und dem Bösen) der Fiese … dieser Beat, der so durchdringend ist, der „snap-crackle“, den vorgarten auf Anhieb erkannt hat. Dessen Griff zu „Softly“ hatte die Wahl bestimmt, das Album lag schon länger da, um mal in einen BFT aufgenommen zu werden. Der Groove ist sehr tight, Strozier ist mittendrin, gefällt mir sehr gut. Nach einer Reihe feiner Alben für Prestige/New Jazz und dem grossartigen „Out of the Afternoon“ mit Kirk bei Impulse, nahm Haynes für Pacific ein Konzeptalbum mit eher leichterem Material auf. Larry Ridley war schon auf den beiden letzten Alben dabei („Cracklin'“ mit Booker Ervin und „Cymbalism“ mit Strozier), auf denen Ronnie Matthews Klavier spielte, der hier von Sam Dockery abgelöst wurde. Ihn kennt man am ehesten von Blakeys Jazz Messengers, in deren nicht oft erwähnten aber sehr produktiven „Übergansband“ von 1957 er gespielt hatte – mehr dazu hier, mein Anspieltipp wäre „A Night in Tunisia“, das Vik-Album, in der „Bluebird First Editions“ CD-Ausgabe).

OSCAR PETERSON
6. DOWN HERE ON THE GROUND (Lalo Schifrin/Gale Garnett) 8:49

Oscar Peterson (p), Sam Jones (b), Bobby Durham (d)
A & R Studio, New York, Januar/Februar 1970
von: Tristeza on Piano (MPS 15 275 / taken from 2006 CD reissue)

Eine Frucht meiner Peterson-Wochen … ich finde den Groove hier unglaublich fett und mitreissend. Dass Peterson sich an Schifrins Stück aus dem Soundtrack des Films „Cool Hand Luke“ macht, ist eine eher neuere Erscheinung. Er begann wohl um 1964 damit, das Repertoire durch Pop-Nummern (die nicht von den paar noch aktiven Broadway und Tin Pan Alley-Leuten stammten, sondern z.B. von Henry Mancini und anderen jüngeren Komponisten) und Bossa-Nova-Stücke zu erweitern. Auf „Tristeza“ kommt das alles aus Schönste zusammen und Peterson agiert hier für meine Ohren auf einer Höhe, die nur wenige je erreichten. Das für Routine zu halten – was ja bei der Wahrnehmung Petersons öfter geschieht – ist möglicherweise eine direkte Folge davon, dass der Typ einfach so unglaublich sicher und gut war – es gibt keine Mängel, keine Fehler, keine Unsicherheiten. Nicht bei ihm. Routine mag sich gewiss manchmal einschleichen, aber grundsätzlich war er ein Musiker, der jeden Abend, in jedem Solo, alles in die Waagschale gab.

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