Re: bft#13 – vorgarten

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Anonym
Inaktiv

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Ein sehr feiner bft, mit viel Witz, den ich wunderbar gefügt finde, sodass ich Sommer und Herbst oft kaum zu unterscheiden weiß.

Nr. 1

Welcher Spaß ist denn das? Das Lachen am Ende hört sich an, als ob sich einige Krümelmonster herzlich amüsieren, dabei aber übereinander herfallen, was sie vielleicht auch zuvor, nicht ohne Erfolg, versucht haben. Operette in Jazz.

Nr. 2

Das knüpft herrlich an … Was ist das, doch kein Vibraphon? Oder liegt der Klang auf den Punkt an besonderen Klöppeln und dem, der sie in Händen hält? Gefällt mir ausnehmend! Das Thema kenne ich irgendwo her, aber woher bloß? Könnte auch Filmszenen wie die zwischen Inspector Clouseau und seinem Sparringpartner begleiten, zumindest am Anfang, wenn man geplant-ungeplant die eigene Wohnung zum zu erwartenden Gefecht betritt. Die Rhythmiker machen ihr Ding sehr gut, das Klavier hat den Spin (da ist der Bass etwas freundlicher engagiert), obwohl es ein bisschen mehr die Töne auseinanderhalten könnte; das aber nur mit Blick auf das Hauptinstrument gesagt. Der Bläserschluss passt sehr, macht mich zugleich aber völlig ratlos, woher das alles tatsächlich kommt.

Nr. 3

Andrew Hill mit lateinamerikanischem Bäumen. Ja, ich höre da tatsächlich als Erstes die Repititionen von Hill, nachts in der Bar, wenn man sich sagt: »Wir machen das jetzt einfach mal«; dazu passt auch, was den Aufbau angeht, dass das Klavier gleich nach der Exposition ein Solo spielt – aber Hill ist das gewiss nicht, dazu ist das Klavier viel zu nah bei dem von Nr. 2. Aber ich schätze das natürlich, auch wenn da ein kleiner Sportfanclub herumsingt. Kann ich heute aber etwas abgewinnen, mag die Sonne sein.

Nr. 4

Also gut! Da haben einige Leute aber alle Hände konzentriert bei sich und den anderen, der Gitarrist ist hier Leader im eminenten Sinn, es sei denn, der grandiose Tenorsaxophonist hat ihr einen Freund gefunden, mit dem er unbedingt einmal etwas machen wollte. Diese Überblasungen, wenn auch nicht übertrieben, sondern hoch konzentriert, mag ich mir noch etliche Male anhören, denn das doch größere Ensemble stört mich gar nicht. Schade, das Fading.

Nr. 5

Auch nachts in der Bar. Weichere Gitarre, aber das wird harte Absicht sein, zumal wegen der Orgel. Ich korrigiere mich sogleich: das könnte genauso gut nachmittags in einem ordentlichen Feld herumlungernd gespielt sein, so um 70 herum, als die Nacht zum Tag werden sollte.

Nr. 6

Sophisticated. Das ist an der Flöte wohl nicht Baker, aber so etwas ähnliches gab es mal mit »Live at Capolinea«, so ähnlich, weil da viel Raum und Stimme gegeben wurde, in die die Trompete einfach nur eintrat. Rätselhaft.

Nr. 7

»The birds are flying high in the sky« – Jean-Pierre Léaud im Sprachtest bei Truffaut, das stellte sich gerade irgendwie ein. Das Klavier wieder hillsome, mit den gleichen einfachen Dingen aber wie Nr.-2-Pianist. Die Sängerin phantastisch, das ganze Arrangement auch. Ich habe keine Ahnung, warum ich mich zu der Frage versteige: aber das ist eine weiße Dame aus New York?

Nr. 8

So könnte ein Don Pullen in einen Song einsteigen, aber das ist nicht sein Klavierklang. Auch rätselhaft; das Schlagzeug einnehmend. Sehr pullenhaft wieder das kleine Zwiegespräch mit dem Bassisten, ganz ruhig aber sehr konzentriert.

Nr. 9

Eine sanfte Hymne, so beginnt es, die dann aber irgendwann auf sich selbst keine Lust mehr hat und Überlegungen der Weiterführung anstellt, ohne ihren Anfang zu vergessen. Und sich verdammt bewusst wird, dass manchmal zumindst ein Duo hilft für die Absichten. Achte ich sehr, fände aber fast, so im Kopf, eine Violine besser hierfür, aber eher keine Jazz-Violine, gut, ein paar gäbe es.

Nr. 10

Ein Wiederaufgreifen von Nr. 2, diesen Tonideen, aber sehr viel mehr unter dem Abendmond, unter dem die Leute eher belanglos herumgehen – ich meine nicht die Musiker, sondern die Lustlosigkeit, von der sie reden. Da ist auch etwas Schwüles, Erschöpftes, das immerhin weit besser ist als Miles Davis mit Cindy Lauper.

Nr. 11

Rimski-Korsakovs »Hummelflug« in einer freien Bearbeitung. Ein Herumschwirren auf dem immerselben Material, aber großartig, besonders der Drummer. Und die Trompete, die sich von allem etwas herholt, was es so gibt, es einwirft, wie sich selbst zum Spaß: »Sollen doch die anderen sehen, wie sie damit klarkommen.« Aber da gab es wohl kein Problem.

Nr. 12

Eine Pause … Bei Nummer 10 hatte ich die beiden Hübschen ja genannt, das hier ist aber so schwül, dass mich der Vergleich oben nicht zurückstehen lässt. Oh weia. Religiöse Musik, die sich durch den Tontechniker gefunden hat. Wenn ich mich bei so etwas zurücklehnen würde, möchte ich am Ende doch übelgelaunt aufwachen. Die paar Schrägheiten am Ende sind wie Futter, das nicht schmeckt.

Nr. 13

Wenn Sidsel Endresen nicht auf anderem Weg weitergegangen wäre, sondern zurück zu Traditionellem, dann könnte sie das sogar sein – was den Stil betrifft, nicht die Stimme. Großartiges Lied, großartige Stimmen, wenn auch nicht zu groß, aber das ist eine Petitesse, die in sich stimmt.

Nr. 14

Mein liebstes Stück hier. Alle Sentimenalitäten, die sich immer wieder wie in den vorigen Stücken einschleichen, werden hier einfach ausgespielt, ohne Hinterhalt. Ich kenne in der Weise nur Lateef. Das ist Musik, die von unten kommt, aber einfach unter der Sonne spielt.

Nr. 15

Gute Fügung, einmal mehr; wenn man schon unter der Sonne spielt, dann warum nicht mit mehreren Leuten? Aber im Unterschied zu Nr. 14 zu sehr »beabsichtigt«, ich kann das gerade aber nicht recht genauer sagen, da muss ich noch einmal hinterhören. Denn da sind sehr bewusste Leute am Werk, scheint mir doch.

Nr. 16

Bei so etwas höre ich Barre Phillips und überlege aber doch die ganze Zeit, ob das nicht eine Hommage von Jarrett an Peackock sei, die dieser sich aber selbst geschrieben hat, und außerdem, ob Bley da nicht ein bisschen mehr, wenn auch für diesmal nicht viel, hineingebracht hätte. Wahrscheinlich ist das aber alles ein Holzweg mit diesen Namen. Feine pièce, besonders am Ende denke ich aber nicht mehr an Jarrett. Auch wenn da, verleitend, ein Gestöhnchen zu hören ist. Bin gespannt, wer dort spielt.

Nr. 17

Auch das fügt sich, die Stücke betreffend, wunderbar, aber dieses Anfangsklimpergetöne muss ich erst einmal in die Ohren bekommen, entschuldige. Und das, was folgt, auch. Eine andere Art des Spiels auf den freien Feldern. Das ist Musik, die mein Ohr zwar erreicht, aber nicht mein Herz. Wer da auf den Kanzeln steht, interessiert mich aber sehr. Und welches Thema sie da eigentlich verwursteln.

Nr. 18

Hitparade! Entschuldige, das könnte ich wohl erst reichlich abgesondert mit Schmunzeln hören. Die Bläser sind allerdings toll.

Danke Dir sehr für diese Musik, das alles sind erste Eindrücke (spärlich, ich weiß), die ich aber doch schon heute schreiben wollte, damit ich die Eindrücke der anderen und Aufklärungen von Dir lesen dürfe. Ich bin sehr gespannt, sehr.

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