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Herr RossiNa bitte: Kontext. („Musikalisch besser verpackt.“)
Hä? Nur weil sie musikalisch besser verpackt sind, behaupte ich doch nicht, dass sie besser sind? Ein schlechter Text wird nicht besser, nur weil er in einem besseren musikalischen Kontext steht.
Herr Rossi
Erschreckend finde ich eher, wie schwer es ist, einen einfachen Gedankengang zu vermitteln, ohne dass sofort die Scheuklappen runtergehen. Ich habe geschrieben: Übersetze den Text von „These Arms Of Mine“ und stelle ihn Dir von einem Schlagersänger gesungen vor – dann ist es ein Schlager:
„These arms of mine
They are lonely, lonely and feeling blue
These arms of mine
They are yearning, yearning from wanting youAnd if you would let them hold you
Oh, how grateful I will be
These arms of mine
They are burning, burning from wanting you
These arms of mine
They are wanting, wanting to hold you“Das ist genau die gleiche Sehnsuchtslyrik und Verherrlichung der großen Liebe, wie sie auch im klassischen deutschen Schlager populär ist. Der elementare Unterschied liegt in der Musik, in der Gesangskunst Otis Reddings, in der Klasse der Stax-Musiker, in der Idee des Soul, die eine solche Aufnahme fokussiert. Am Text kannst Du den Unterschied dagegen nicht fest machen. War das jetzt verständlich genug? Der Kontext macht den Unterschied!
Ich bin zu Deinem Leidwesen keiner, der Schlager generell scheiße findet und noch weniger einer, der alle deutschen Texte schlecht redet. Zugegeben, ich verfolge Schlager schon seit ca 30 Jahren nicht mehr, aber in den späten 60ern und frühen 70ern gab es von Alexandra, Udo Jürgens, Michael Holm, ja sogar Mireille Mathieu oder zahlreichen anderen durchaus gute Schlagertexte (die diejenigen größtenteils nicht selbst verfasst hatten, ja),
Inhaltlich kann man „These Arms of Mine“ ja noch platt finden, weil es nur um das Verzehren nach der anderen Person geht, aber allein wegen der Ersetzung der eigentlich handelnden Person durch die Arme (einen Teil der handelnden Person) als Akteur (habe leider keine Ahnung, wie der Fachausdruck für dieses Stilmittel lautet, aber da gibt es einen, bin ich sicher, „Metapher“ scheint mir aber nicht ganz zu passen) ist dieser Text qualitativ besser als diese tumbe Anbetungsarie „Diamonds“ mit ihren zahllllllosen Wiederholungen.
Und wie gesagt, ich bin sicher Du findest Texte, die nicht besser sind als „Diamonds“ in meiner Plattensammlung (Kannst also gerne weitere Versuche starten, auch wenn es irgendwo müßig ist, weil ich es ja ohnehin zugebe), wahrscheinlich auch bei Otis Redding oder anderen Stax-Künstlern, sicher sogar bei den von mir verehrten Temptations oder anderen Motown-Künstlern (die waren einfach „marktorientierter“), aber „These Arms of mine“ gehört nun mal ausgerechnet NICHT dazu.
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Was nutzt es denn, einem alten Ochsen, der nur ein einziges Sprüchlein draufhat, in's Horn zu kneifen?!