Re: 17.03.2013

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wolfgang-doebeling
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KICKS ON 45 & 33

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otisJa, Trennschärfe würde sicher gut tun. Wie immer und überall. Da fehlt bei mir auch Hörerfahrung, was solcherart Arrangements anbelangt. Crooning würde ich Sinatra nie vorwerfen oder zusprechen wollen, nein, es ist dieses laszive Hineinschleichen in die Melodien, immer sehr kontrolliert und bewusst. Das empfinde ich als anbiedernd. Um wie viel besser kann G.Jones doch so etwas. Da wirkt es für mich nie aufdringlich. Bei Sinatra habe ich zudem den Sänger immer irgendwie vor Augen, mit dessen Form von Coolness ich noch nie viel anfangen konnte.

Ich gewiss auch nicht, Ratpack-Bewunderung wäre mir fremd. Auch sonst hatte ich nie politisch-weltanschauliche Berührungspunkte mit Frankieboy. Als Sänger ist er freilich souverän, zwingt zum Zuhören. Anbiedernd finde ich ihn erst beim Vegas-Schwof und im „My Way“-Triumph, obwohl ihm ja selbst in späteren Jahren noch glänzende Aufnahmen gelangen, man denke an „Watertown“. Ihn hier gegen George Jones auszuspielen, ist natürlich raffiniert. Doch auch der größte aller Sangeskünstler war mir nie sonderlich sympathisch, stand stets für eine Gesellschaft, die mich abstieß, gelinde gesagt. Ein ähnlich gelagertes Dilemma mithin, von dem ja auch unlängst Bob Dylan in erfreulicher Unzweideutigkeit sprach, in Bezug auf Kino zwar, aber ebenfalls im inneren Widerstreit von Kunst und Moral, von Ästhetik und sozialer Verantwortung (es ging um Mafia-Verklärung im Film, Du erinnerst Dich). Kurzum, es bleibt ein Zwiespalt, der gehörige Spannung erzeugt, die wiederum je nach Ausdruck trägt oder reißt. Bei Possum trägt sie immer, bei Ol‘ Blue Eyes oft (bei den Sopranos nie). Besorg‘ Dir doch „Frank Sinatra Sings For Only The Lonely“ oder „No One Cares“, die Capitol-Originale, ersatzweise die momentan kursierenden, exzellenten Mobile-Fidelity-Editionen, und wage einen erneuten Versuch. Solltest Du Dich für letztere LP entscheiden, lies unbedingt auch die seinerzeitigen Linernotes von Ralph J.Gleason, der den Magnetismus von The Voice mit der Wirkung von Genies anderer Sphären vergleicht: John Gielgud, Charlie Parker, Frank Lloyd Wright, Joe DiMaggio. Do yourself a favour.

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