Re: Woodkid – Golden Age

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irrlicht
Nihil

Registriert seit: 08.07.2007

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So substanzlos, wie es hier dargestellt wird, kann ich „The golden age“ nicht finden. Lemoine hat ein sehr klar strukturiertes Werk erschaffen, das er thematisch dem Abschied von Jugend, von Fantasie, Hingabe und Zartheit widmet. Meist schreibt er quasi auktorial aus entfernterer Sicht, verfolgt die Kinder bei ihrer Flucht vor Vereinnahmung, vor Grobheit, lässt sie auf Segelschiffen übers Meer ziehen und vertont einen Kosmos aus wilden Schlachten, Liebe, die nicht mehr zurück kehren wird, Kraken, die die Boote an den Abgrund ziehen – und endet in „The other side“ zuletzt in den Schatten. Das Kind ist erwachsen geworden, „the golden age is over“. Für mich funktioniert dieses Album eigentlich ausschließlich als Werk, welches man wie einen ablaufenden Film wahrnimmt. Die Arrangements sind natürlich das strahlende Stück Gold dieses Albums – ich kann mich nicht erinneren, seit langer Zeit etwas vergleichbares gehört zu haben. Gleichermaßen ist das jedoch nicht nur Blendwerk: Wenn die Seile gekappt werden, trudeln Bläser benommen und wehmütig, wenn die Füße vom ewigen Rennen blutig werden, äußert sich das in sich türmenden Percussionabfolgenden, in humpelnden, tiefen Schlägen – und wenn Lemoine das Goldene Zeitalter thematisiert, könnten die Streicher nicht heroischer und gefühlvoller klingen. Ich mag die Songs – und auch wenn das Album auf die Gesamtlänge bisweilen etwas überladen wird, klingt jeder für sich genommen eigen und steckt voller kleiner Details. Davon ab, dass Tracks wie „Where I live“ einfach anrührend sind – Lemonie ist nicht der variabelste Sänger, singt aber aufrichtig und gefühlvoll, wird bisweilen harsch (etwa in „Stabat Mater“), aber auch erdrückend intensiv („Run boy run“, „Iron“).

„Iron“ ist mein Highlight. Völlig zurecht wurde dieses Arrangement auch in Kendrick Lamars „Section. 80“ Aufnahme bei „The spiteful chant“ verwendet.

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Hold on Magnolia to that great highway moon