Re: Heino – Mit freundlichen Grüßen (01.02. 2013)

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motoerwolf

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KritikersLieblingWen meine bescheidene Meinung interessiert:

Heino – Mit freundlichen Grüßen

Für mich ist dieses Album der Zeigefinger des Jahres. Es enttarnt das mittlerweile liebgewonnene ernsthafte Renomme einiger Rockbands und zeigt doch lediglich, dass alle mit dem gleichen Wasser kochen. Wenn man beispielsweise „Junge“ im Original von den Ärzten hört, dann versetzt sich der Sänger in die Rolle der Eltern. Bei Heino singt aber jemand, der allein kraft seines Alters diesen Text hätte schreiben können. An dieser Stelle sei auf Freddy Quinns „Wir“ verwiesen, das inhaltlich ähnlich gestrickt ist und erst populär wurde, nachdem es die Roten Rosen in einer Rockversion veröffentlicht haben. Da bleibt mir, im Gegensatz zu Freddya Original, bei Heinos Cover-Version nicht die Luft im Hals stecken.

Bei anderen Songs des Albums wird dem Hörer auch klar gemacht, wie banal Texte wirklich sein können und wie sie mit lauten Gitarren und in dem Gewand von Rock’n‘ Roll gepimpt werden, um auf diesem Album wie eine Luftblase zu zerplatzen. Größter Verlierer ist hier „Leuchtturm“ von Nena. Ein Song, so hohl wie der Inhalt des besungenen Objekts.
„Willenlos“ wird ja gemeinhin wie das gesamte Spätwerk von Westernhagen der volkstümlichen Rockmusik zugeordnet. „Vogel der Nacht“ ist in der Musik wohl so etwas wie der Konsalik in der Literatur. Nicht nur auf diesem Album.

Richtig gut wird Heino aber erst, wenn es zur Sache geht und die Differenz zwischen Original und Cover am größten zu sein scheint. Da wissen sowohl „Haus am See“, „Kling Klang“, „MfG“ und „Was soll das“ zu gefallen, da sich der Hörer sich vorstellen kann, dass diese Texte von einem 74-jährigen gesungen werden. Und dann lehnt man sich zurück und guckt mal, wie alt die Helden aus den 80ern mittlerweile sind. Das ist Humor.

Heino kann auch Soul. Hier zu hören in „Ein Kompliment“. Neben „Gewinner“ und Sonne“ die gelungenste Version mit Bläsersätzen so scharf wie die Herren, der alten Witze und mit einer Sangeskraft, die dem Song gut zu Gesicht steht. Gleiches gilt wie bereits erwähnt auch für die beiden oben genannten Versionen.

Heino ist der Musik hier mit großem Respekt begegnet und hat sie so umgesetzt, wie viele Cover-Versionen umgesetzt werden. Im Stil des neuen Interpreten. Wer sich ernsthaft mit Musik auseinandersetzt und Musik als das begreift, was sie schließlich ist, nämlich einfach Musik, dem sei dieses Album wirklich empfohlen, denn zwischen den Zeilen gibt es jede Menge Lücken zu entdecken, die im Original vielleicht nicht ganz unbewusst mit dem Bauschaum der Effekte zugeschmiert wurden.

pinch hat Recht, davon ist fast alles falsch.
– Das fängt natürlich damit an, daß es schon sehr vermessen, ist, etwas bereits heute zum irgendwas des Jahres erklären zu wollen (obwohl, heute ist der 17. Februar des Jahres!!).
Ein Zeigefinger ist das Album aber in der Tat, eine leere, hohle Geste eines Menschen, der eigentlich nicht in der Position ist, von anderen etwas einzufordern. Ist in etwa so, als versuche ausgerechnet die BILD, von der SZ seriösen Journalismus einzufordern, bloß weil in letzterer ein Schreibfehler zu finden war.
– Ich bin kein Schlagerfreund, aber Freddys Wir kannte selbst ich schon vor der Rote Rosen-LP. Davon abgesehen trennen die beiden Fälle (Wir/Junge) Welten. Die Hosen haben einen Song in ironischer Form gecovert, Heino hat aus einem Song alle Ironie entfernt und ihn in ein Stück abgrundtiefer Spießigkeit verwandelt.
– Es braucht keinen Heino, um Nena der Banalität zu überführen, das schafft sie ganz allein. Die Frage ist nur, darf Pop nicht banal sein? (BTW: der Inhalt von Leuchttürmen ist nicht hohl, sondern der Turm.)
– Soweit ich die Original kenne, ist keines der Lieder durch Heinos Aufnahme wirklich von diesem vereinnahmt worden. Meist wird nur relativ nah am Original entlang gewerkelt, und niemand käme auf die Idee, eine der Aufnahmen Heino zuzuordnen, wenn er die Stimme nicht erkennt. Cat Power hat Satisfaction von den Stones in ihrem Stil gecovert, sich den Song angeeignet. Dagegen klingt Heino eher nach Dorfkapelle, die in Bierzelten die Top100 spielt.
– Heinos Aufnahmen zeugen wohl nicht von Respekt vor den Originalen und den Künstlern. Dazu müßte er sie ja kennen. Davon abgesehen finde ich es sehr widersprüchlich, daß Heino je nach Bedarf die Originale entweder als hohl entlarvt oder aber ihnen Respekt zollt. Was denn nun?

Ich hätte noch so viel zu sagen, muß aber langsam los Richtung Bahnhof. Evtl. später mehr (bei Interesse).

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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame