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Gefiel mir insgesamt recht gut gestern (hab’s dann doch angeschaut, durch die Verspätung hatte ich sogar genügend Zeit, fertig zu kochen und dann live zuzuschauen, so lange halt live übertragen worden ist). Gesanglich war wohl die Liù am besten, aber doch, das war ordentlich, die „Doppelung“ mit Puccini hätte man allerdings weglassen können, das kam überhaupt nicht raus (mag auch daran gelegen haben, dass die TV-Regie daran Schuld war, Totalen gab’s ja nur wenn’s krachte oder brannte, ob sich da am vorderen Bühnenrand sonst mal noch was abgespielt hat oder nicht, kriegt man bei den andauernden Close-Ups halt nicht mit – aber ich gehe mal davon aus, dass da nichts lief).
Anyway, wie modern die Musik ist fiel mir auch wieder einige Male auf, fast schon unerhört … die simplen Pentatonik-Motive geraten mir allerdings immer mal wieder in den falschen Hals. Jetzt muss ich mir wohl mal die vorliegenden Aufnahmen vorknöpfen, bin mir nicht einmal sicher, welche ich schon angehört habe. Es sind „nur“ sechs in diesem Fall: Erede 1955 (Borkh, del Monaco, Santa Cecilia), Serafin 1957 (Callas, Scala), Leinsdorf 1959 (Nilsson, Björling, Rom), Molinari Pradelli 1965 (Nilsson, Corelli, Rom), Mehta 1972 (Sutherland, Pavarotti, LPO), Mehta 1998 (Casolla, Florenz). Habe wohl die eine mit Callas mal angehört … die nächste wäre wohl die von 1955 mit Tebaldi als Liù, oder Nilsson/Björling.
Wo ist Bgigli denn die Tage? Hast Du zufällig die Übertragung auch angeschaut?
Übrigens freue ich mich sehr hierauf, heute abend auf 3sat (20:15-23:55):
Der Rosenkavalier
Oper von Richard StraussZum 150. Geburtstag von Richard Strauss durfte auf dem Spielplan der Salzburger Festspiele „Der Rosenkavalier“ nicht fehlen. Harry Kupfers Inszenierung weist ein erstklassiges Ensemble auf.
Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst am Pult der Wiener Philharmoniker glänzen vor allem Krassimira Stoyanova als Feldmarschallin, Sophie Koch als Octavian und Mojca Erdmann als Sophie.Mit seiner heiteren Spieloper im Geiste Mozarts und dem Libretto Hugo von Hofmannsthals setzte der berühmte Komponist 1911 Maßstäbe, die bis heute wenig von ihrer Anziehungskraft verloren haben.
http://www.3sat.de/page/?source=/musik/182236/index.html
Die NZZ-Rezension ist mir noch gegenwärtig – und sie steht auch online:
Nur in Salzburg gibt es ein Hausorchester wie die Wiener Philharmoniker. Einen Chefdirigenten kennen sie nicht, das widerspräche ihrer langjährigen Tradition der Selbstbestimmung. Aber wie weiland Karl Böhm wirkt Franz Welser-Möst als eine Art Hauptdirigent. Als aktiver Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper arbeitet er regelmässig mit dem Orchester, es gibt da eine ganz eigene Vertrautheit der Beziehung – davon lebt der neue Salzburger «Rosenkavalier». Das klangliche Raffinement der Partitur, die Duftigkeit ihrer Diktion und die Beweglichkeit in ihrem Inneren – das lässt sich von einem Dirigenten bloss anstreben, niemals aber durch Zeichengebung erzeugen, das muss das Orchester, vom Dirigenten angeregt und zugleich frei gelassen, aus sich selbst heraus verwirklichen. Genau das geschieht hier. Weshalb die Musik in diesem «Rosenkavalier» wie ein feines Stück Stoff im Winde weht und ein sanftes Mitschwingen auslöst, aber in keinem Augenblick, selbst nicht im terzenseligen Schlussduett von Sophie und Octavian, an die Tränendrüse rührt.
Das Stück wird ungekürzt gespielt, anders als gewohnt. Was vom rein zeitlichen Ablauf her keine enorme Erweiterung bedeutet, im Dramaturgischen aber doch zu veränderten Beleuchtungen führt. Nicht mehr der Rosenkavalier, der junge Graf Rofrano, der zwischen zwei Frauen steht, zwischen der eher seiner Mutter gleichenden Feldmarschallin und der gleichaltrigen, allerdings nicht wirklich standesgemässen Sophie Faninal, von der für den jungen Mann die erotische Initialzündung ausgeht – nicht mehr dieser Octavian bildet das Zentrum. Und das, obwohl die «ménage à trois» ausgezeichnet besetzt ist. Krassimira Stoyanova ist stimmlich wie darstellerisch eine Fürstin Werdenberg, die noch ganz Frau ist, wenn auch – wie man zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch dachte – ein letztes Mal. Während Sophie Koch mit ihrem warmen Timbre geradezu körperlich fassbar macht, in welche Zwickmühle Octavian gerät und wie lustvoll er sich daraus befreit, und Mojca Erdmann mit ihrem hellen Sopran eine so entschlossene wie naive Sophie gibt. Die Übergabe der silbernen Rose gerät jedenfalls zu dem magischen Moment, zu dem sie im besten Fall werden kann.
Nein, in dieser Fassung und dieser Produktion müsste die Oper von Richard Strauss einen anderen Titel tragen. Denn in hellstes Licht gerät hier der Baron Ochs auf Lerchenau, der einiges mehr zu singen hat – und der von Günther Groissböck mit seinem herrlichen Bass vortrefflich verkörpert wird. Gewiss kommt dieser Vertreter alten Adels vom Land und führt er sich so auf wie zu Haus, doch erscheint er nicht als etwas verkommener, etwas bäuerischer Hinterwäldler, er hat sich – das zeigt nicht zuletzt der feine Stoff, der ihm der Kostümbildner Yan Tax zugedacht hat – vielmehr recht fein gemacht für die Stadt und erfüllt dort, abgesehen von seiner dialektal gefärbten Aussprache, alle Anforderungen an die gepflegte Form. Allein, in dieser wunderbaren Stadt Wien stolpert er von Fettnapf zu Fettnapf und wird er im dritten Akt so arg zugerichtet, dass er einem, wenn ihm gar noch der blonde Haarschopf vom kahlen Schädel fällt, echt Leid zu tun beginnt. Er ist doch bloss von gestern und hat noch nicht gemerkt, dass bereits ein Morgen aufzudämmern begonnen hat.
Den ganzen Artikel gibt es hier: http://www.nzz.ch/feuilleton/buehne/vor-dem-grossen-einschnitt-1.18355785
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