Re: Frank Ocean – Channel orange (2012)

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irrlicht
Nihil

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Dass das Schnittmuster, die Interludes und sonstigen musikalischen Einsprenglinge zuteilen auch dem Albumfluss dienlich sind, sehe ich auch so. Allerdings hat das auch seinen Haken: Sie müssen passen. Bei „Channel orange“ ist der Fall, dass einige Tracks in ihrer Stimmung nicht wirklich homogen sind, die einzelnen Bereiche kein Gesamtbild zu pinseln beginnen (was u.a. für die Bandbreite Oceans spricht) – ich finde doch, dass das Album bei genauer Betrachtung oftmals mehr wie eine Compilation, als wie ein konzeptionell durchdachtes Werk klingt. Ocean hat sicherlich zentrale Themen (etwa Materialismus, Entfremdung, Beziehungsdramen und Umgang mit gesellschaftlichen Wendepunkten), die auch innerhalb der Tracks mehrfach aufgegriffen werden – aber man gewinnt doch den Eindruck, dass manches Interlude eben doch Klüfte zwischen Themen und Stimmungen auf ein Niveau abebnet. Das kann man machen, das findet sich auf zahlreichen Alben, aber ich finde die Verbindungen hier eben eher unsauber, etwas erzwungen. Warum musste nach „Forrest Gump“ (ein perfekter Abschluss!) noch das Outro sein? Was soll der eher beliebige Hidden Track, der lediglich Licht in „Pink matter“ bringt, aber mit dem selben Handgriff, bei schlechterem Songwriting, eher langatmig klingt? Für was musste überhaupt „Not just money“ als gesonderter Track auf die Hülle (der Text geht ja direkt auf den folgenden Track ein und hätte als Intro vorangestellt werden können)? Wäre „Thinking about you“ nicht ein erstklassiger Opener gewesen?

Klar, irgendwo alles Erbesengezähle, aber wenn man schon bei der Ausrufung von Jahrhundertalben ist, darf das auch sein. Ein Meisterbeispiel, wenn auch etwas anderer Stilrichtung, ist diesbezüglich m.E. „Madvillainy“. Da klingt nicht nur nahezu jeder Track fantastisch, sondern jedes Steinchen sitzt sauber auf dem Nächsten. Von dieser Raffinesse und stilsicheren Zusammenknüpfung aller Stückchen ist „Channel orange“ dann eben doch noch eine gute Spur entfernt.

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Hold on Magnolia to that great highway moon