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Anonym
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Das Konzert von Neil Young & Crazy Horse in der Rockhal in Esch-Alzette, Luxemburg, am gestrigen Abend war insgesamt doch eine ziemliche Enttäuschung. Meine Unzufriedenheit liegt nicht an der zugegeben sehr eigenwilligen Setliste (vielleicht mit einer Ausnahme, doch dazu später). Auch der exzellente Sound und die Spieldauer von etwa 150 Minuten ließen keine Wünsche offen.
Nein, es war die Darbietung an sich. Ich bin ein großer Fan von Jambands wie den Grateful Dead oder auch Phish, die an guten Tagen jeden Song fast beliebig in die Länge ziehen konnten bzw. können, und dabei, jedenfalls nach meinem Geschmack, doch immeer hörenswert bleiben. Crazy Horse sind definitiv keine Band, die dazu in der Lage sind. Natürlich hat Neil Young im Laufe seiner Karriere sehr viele lange Songs aufgenommen, darunter Klassiker wie „Down By The River“, „Cowgirl In The Sand“, „Like A Hurricane“. Und auch die ganz neuen Stücke wie „Driftin’ Back“ oder „Ramada Inn“ sprengen ja die zehn Minuten grenze sehr deutlich, ohne das es mich stört.
Aber „Love And Only Love“, „Walk Like A Giant“ und erst recht „F*!#in‘ Up“ auf jeweils weit über 20 Minuten zu dehnen – dazu fehlt nicht nur den Songs die Substanz, dazu fehlen Young und Crazy Horse einfach die Phantasie und die musikalischen Mittel. „They All Sound The Same. It’s All One Song“ sagt Young zu Beginn des Livealbums “Year Of The Horse” und das traf wohl nie besser als gestern Abend. Beinahe die Hälfte des Konzerts bestand aus diesen drei Songs, es wurden immer wieder die gleichen Akkordfolgen und Soli runtergedudelt, ohne das sich eine Entwicklung abzeichnete. Es war gähnend langweilig. Und es ist so schade, wenn man bei einem Künstler im Konzert steht, den man seit gut 30 Jahren bewundert und verehrt und der mich z.B. 1996 mit exakt der gleichen Band weggeblasen hat, und ständig denkt: „Hoffentlich hat das bald ein Ende.“
Dabei ist die Band ja durchaus immer noch in der Lage, ihre Songs so zu interpretieren, dass sie nicht wie auf LP klingen und dennoch der Spannungsbogen erhalten bleibt – „Powderfinger“ zu Beginn und „Mr. Soul“ und „Hey Hey, My My (Into The Black)“ am Ende waren toll. Und auch „Heart Of Gold“ solo war natürlich ein Höhepunkt. Wie gesagt – die Setliste, die viele Klassiker ausließ, war gar nicht mein Problem. Eine Ausnahme war höchstens „Blowin’ In The Wind“, das Neil Young in einer Art Pfadfinder-Lagerfeuerversion darbietet, für die Bob Dylan wohl nur ein sarkastisches Grinsen übrig hätte. Man fragt sich schon, warum Young ausgerechnet diesen Song covert und warum er es auf so eine unoriginelle Weise tut (man vergleiche seine Version auf „Weld“).
So bleibt das Fazit, dass der vortreffliche Jonathan Wilson mit seiner exzellenten Band, gestern das bessere Konzert geliefert hat. Wilson spielt ja auch bei Bob Weir’s Ratdog Leadgitarre, womit wir wieder beim Thema Jambands und Grateful Dead sind: Seine Langversionen von „Desert Raven“ und „Valley Of The Silver Moon“ hatten genau die Klasse, die ich bei Neil Young und Crazy Horse vermisst habe. Schade. Die Alben von Young werde ich weiterhin gerne auflegen, aber live war das wohl der Abschied.
Gesamtwertung **1/2 – ***
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