Re: Retromania | ist Pop tot?

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tolomoquinkolom

Registriert seit: 07.08.2008

Beiträge: 8,651

nail75Ist Dir schon mal aufgefallen, dass bestimmte Sachen, die vollkommen aus der Mode sind, nach einigen Jahren oder Jahrzehnten wieder in Mode kommen? Im Moment sind beispielsweise Brillen mit dicken Rändern wieder „in“, die sah man in den letzten 20 Jahren nur bei sehr alten Leuten.

Interessant, dass du das erwähnst. Zusammenhänge und Ähnlichkeiten von wiederkehrenden Mode-Zyklen und Musik-Trends (z.B. die Retro-Welle) sind tatsächlich gleichermaßen in Architektur, Mode und Musik vorhanden.

FriedrichEs mag sein, dass eine wirtschaftlich saturierte, aber durch eine sich immer schneller verändernde Welt verunsicherte Mittelklasse sich nach der „guten alten Zeit“, als es auch noch „richtige“ Musik gab, zurücksehnt – eine Musik, mit der paradoxerweise diese heute saturierte Mittelklasse wiederum in ihrer eigenen Jugend die Welt so schnell wie möglich verändern wollte. Aber war das nicht immer so? Vielleicht ist diese Zielgruppe heute bloß deutlich besser sichtbar, da sie aufgrund geburtenstarker Jahrgänge, der eigenen Sozialisation durch Pop und eines relativ hohen verfügbaren Einkommens als Zielgruppe von Bedeutung ist. […]

Ich würde aber vehement widersprechen, wenn Du sagst, dass die Zahl der „Rosinen“ abnimmt. Ich würde auch widersprechen, dass heute weniger „neuer“ Pop produziert wird: Es gibt massenhaft davon! Er wird nur von der Lesergruppe des Rolling Stone und von vielen hier im Forum aktiven Teilnehmern nicht entsprechend wahrgenommen.

Ich habe schon das Gefühl, dass der große Popmusik-Stollen mit weniger Rosinen auskommen muss, als noch vor einigen Jahren. Dass ‘neuer’ Pop unablässig, aber recht wahllos ausgespuckt wird, bezweifle ich keineswegs, halte dies aber weder für ein vertrauenserweckendes Zeichen des Zustands der Musikindustrie, noch für ein positives über den einer oberflächlich gewordenen Popkultur. Um es mit den Worten von Leo Perutz auszudrücken: ‘wohin rollst du, Äpfelchen?’

Wo sind denn hier z.B. die Posts über die bunt schillernde, völlig unübersichtliche, sich immer wieder selbst überholende und damit auch für mich irritierende Electronica-Szene? Das wird hier nur als Marginalie behandelt, während alleine der Sound einer Stones Re-Issue ein Diskussionsthema ist.

Was nicht im Fanzine Rolling Stone steht, gibt es hier offiziell als Musik nicht ;-). Da haben es dann entsprechende Posts oder Threads im Forum nicht leicht.

Vieles verschwindet natürlich auch und wird vergessen, aber ein Teil der Vergangenheit wird Teil der allgemeinen Gesellschaftskultur. Das gilt natürlich auch für die Popmusik. Wenn aber Namen wie Dylan, Beatles, Stones oder Nirvana immer noch Bedeutung besitzen, dann ist es nur natürlich, dass sich junge Musiker darauf beziehen. Diese Bezüge können relativ leicht von einer größeren Zahl an Zuhörern erkannt werden.

Dagegen ist nichts einzuwenden.

FriedrichIch habe RETROMANIA nicht gelesen und weiß daher nicht, ob Reynolds diese Musik überhaupt wahrnimmt. Vermutlich nicht, sonst würde er aktuellem Pop nicht pauschal das Kleben an der eigenen Vergangenheit vorwerfen. Man muss dann aber auch mal fragen, warum er Electronica übersieht.

Tut er nicht. Auch der von dir verlinkte Steven Ellison, also Flying Lotus, kommt mehrfach im Buch vor. Reynolds ist in seinen Betrachtungen auch weniger pauschal, als dies vielleicht in diesem Thread erscheinen mag. Da wäre mal ein ernstes Wort, auch mit der Thread-Erstellerin angebracht.

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