Re: Retromania | ist Pop tot?

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themagneticfield

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AlbertoWenn die Musik von früher, die mir etwas bedeutet, aufs Ästhetische reduziert wird (unter Außerachtlassung der früheren popkulturellen Bedeutung), kompatibel gemacht wird mit der allgegenwärtigen Konsenskonsumkultur und dann gleichzeitig andere Musik von früher, die anderen Menschen etwas bedeutet, genauso verwurstet wird, werden Bestandteile meiner eigenen Sozialisation in geschichtsblinder und egalisierender Weise vereinnahmt.

Das hat was von einer Selbstüberhöhung der heutigen, gerne als „retro“ bezeichneten Popkultur gegenüber derjenigen aus der Zeit der jeweiligen Originale. Die Zitate früherer Musik stellen keine Verbeugung vor dieser Musik oder gar vor deren früherer gesellschaftlicher Bedeutung, sondern die Vereinnahmung dieser Musik durch die wertungsfreie Konsumwelt heutiger Prägung dar.

Da bin ich ein bisschen so wie diejenigen stark religiösen Menschen, die sich an der unklerikalen Verwendung der gregorianischen Choräle in „Sadeness“ von Enigma gestört haben.

Seh ich ja komplett anders. Ich bin um jedes Zitat von früherer Musik, die mir was bedeutet hat, mit der ich sozialisiert wurde (bei mir vornehmlich 80er), in der Jetztzeit, froh. Sei es in Look, Auftreten oder, natürlich vor allem Musik. Ich erkenn da nichts Ketzterisches, Vereinnahmendes, ich erfreue mich daran, natürlich AUCH weil Erinnerungen geweckt werden. Wenn das Ganze in einen neuen musikalischen Kontext eingebaut wird, und nicht reines Widerkäuen im Retrosinne ist, umso besser.

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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!