Re: Retromania | ist Pop tot?

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tolomoquinkolom

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AlbertoDie Nullerjahre werden allgemein als Phase des Stillstands charakterisiert. Entsprechend ist die Musik. Aber wie geht es jetzt weiter? Bleibt der Stillstand? Macht doch noch mal einer was Innovatives?

Ich fürchte, falls sich Jubiläumsabzocke, Reenactments, Memory-boom und andere Dysfunktionen wie Mashups, Clouding und iPoding fortsetzen, dürften aufgrund allgemeinem Desinteresses die Chancen auf Innovationen weiter sinken und die musikalischen Grabkammern der Popmusik und die der ‘Rock and Roll Hall of Fame and Mausoleum’ werden künftig mit Amateuren, Imitatoren, Kuratoren, Second-Hand- und Fast-Food-Künstlern aufgefüllt. Laut Reynolds haben Retromanie und iPod-Sucht die Gemeinsamkeit, dass beides soziale Rückzüge aus dem Alltag sind. Für Überraschungen oder gar Innovatives ist da gar kein Platz.

Die Musikindustrie, die diese lukrative Retrowelle erfolgreich steuert und den Käufern signalisiert, was sie zu mögen haben, wird kaum Interesse an musikalischen Innovationen mit ungewissen finanziellen Erfolgsaussichten zeigen. Auch keine Hilfe sind Musikmagazine, die aus Mangel an Alternativen der in die Jahre gekommenen nostalgieseeligen The-best-years-of-our-live-Fraktion hinterherschreiben und -rezensieren, weil ihnen die musikhörenden Kids davonliefen, die sich partout nicht von vierzigjährigen Redakteuren erzählen lassen wollten, was gerade musikalisch der angesagte heiße Scheiß sei. Was bleibt, ist dann halt Stagnation, redaktionsgestützte Retromanie und journalistisches Promoten von Alte-Säcke-Musik. Diese ist immerhin ein recht einträgliches Geschäft und die Sache mit arbeitsplatzerhaltenden Anzeigenschaltungen der Musikindustrie nutzt schließlich auch dem Überleben der Magazine.

Ganz nebenbei erklärt sich auch, weshalb 2012 Dinosaurier wie Bruce Springsteen, Bob Dylan, Neil Young, Jimmy Cliff, Leonard Cohen, Dr. John, Bonnie Raitt, Donald Fagen u.a. bestimmte Magazin-Jahresbesten-Charts bevölkern, die dies bereits schon vor vierzig Jahren taten. Nein, Retromanie gibt es wirklich nicht.
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