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Friedrich Retro fängt bei der ersten Roxy Music ja schon an, bevor man die Platte überhaupt aus dem Cover gezogen hat: Vorne drauf ein 50s Pin Up und die Bandmitglieder sehen mit ihren schmierigen Haartollen, Lederjacken oder Leopardenfellhemden aus wie die Karikatur einer Rockband.
Retroxy!?
Ich mag nach der Sampling-Geschichte nicht wieder einen Exkurs starten, daher nur so viel: für mich sind die Alben ROXY MUSIC und FOR YOUR PLEASURE nicht retro, denn beide Werke enthalten neben zwitschernder Elektronik, Elvis-Schmalz und Pop-Glitter auch Ironie. Letztere sehe ich in dem, was du im Bezug auf das glamouröse Cover Karl Stoeckers Karikatur nennst, eine Hommage des ex-Kunststudenten Bryan Ferry an Gil Elvgren bzw. an Mel Ramos ist und als Kunstaneignung Pin-ups in andere Medien transformiert. Genau diese ironische – mitunter lakonische – Brechung stellt jenen bereits vorher erwähnten kreativen Eigenanteil von Künstlern dar, der (in diesem Fall) sogar so weit reicht, dass er innovativ auf andere wirkt (New Wave, Ambient).
Das Innencover des Albums FOR YOUR PLEASURE weist deutlich auf die personelle Aufgabenverteilung hin: während die eine Hälfte in ihren Monturen wie Kraftwerksarbeiter wirken (Manzanera und Thompson), sieht man die andere als Diva (Eno), Raumschiffbesatzung (Manzanera) und Elvis (Ferry) – übrigens alle mit Gitarren bewaffnet. Dazwischengekommen ist den beiden Arbeitersöhnen Ferry und Eno dann allerdings ihr Ego. Interesse an Zukunft, die Experimentierlust (Synthesizer, Samples, Tapes) und musikalische Vorwärtsbewegung (Ambient, Minimal) des einen passte nicht länger zum Interesse an Vergangenheit, zur Erfolgs- bzw. Besitzstandswahrung, dem Hang zu Ästhetizismen und dem musikalischen Rückwärtsdrang (Crooner, Fashion, Coverversionen) des anderen.
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