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bullschuetz Was wäre denn ein „Element ohne pophistorische Vergangenheit“?
BrundleflyWelche Musik der letzten 30 Jahre würdest Du denn als genuin innovativ und neuartig bezeichnen? Weiter oben hast Du auf eine ähnliche Frage mal Hip Hop und House genannt…
Wie wäre es denn mit einer eigenen, vielleicht sogar innovativen Idee eines Künstlers, der zur Abwechslung mal nicht auf das vielfältige Rauschen und Brausen der Archive und das laute Geflüster von Vorbildern hört? Zum Beispiel die musikalischen Elemente von Fluxus? Oder da vermutlich bekannter: Ambient, eine Musik, deren Elemente zwar Bezüge zu elektronischer Musik aufweisen, dennoch aber recht eigenständig ist und kaum pophistorische Vergangenheit hat. Oder sieh dir die spannende – aber schon ältere – Geschichte des Aetherophons (Theremin) an (ohne das es vermutlich keine Moog-Synthesizer gegeben hätte). Die Töne des seltsamen Instruments hatten keine pophistorische Vergangenheit und haben sich längst in die Popgeschichte hineingesphärt; erfahren momentan gar eine (ich glaube dritte) Renaissance.
Das Hip-Hop-Movement (zumindest jenes in den Vereinigten Staaten von Amerika) würde ich als solches schon als neuartig bezeichnen. Und auch wenn mir Methoden (Sampling, Musikaneignung, Performance) und vielfach Songinhalte (Macho-Matsch, Frauenverachtung, Gewaltverherrlichung, Gangsterspielchen, Plattitüden und andere Plattheiten) nur wenig zusagen, und ich in derlei Pubertätssequels keine Innovationen erkennen kann, gibt es sicher durchaus genuine Elemente im Hip-Hop.
Hotblack DesiatoDas Sampling ist nun mal Stilelement im Hip-Hop. Die Ausschnitte werden in einen völlig neuen Zusammenhang gestellt.
So wie der Pizzabäcker, der nicht aufgegessene Pizzabeläge für neue Pizzas sampelt und ‘in einen völlig neuen Zusammenhang stellt’.
Nicht_vom_ForumSampling von z. B. Drum-Breaks bei der Produktion eines Stücks ist für mich näher an der Tätigkeit von Dirigenten/Arrangeuren, also z. B. der Auswahl von Klangfarben, Instrumenten, Dynamik, Tempi usw. oder dem Schreiben von Begleitstimmen als an der Auseinandersetzung mit „historischer“ Popmusik a la Kitty, Daisy and Lewis.
Ich werde darüber nachdenken.
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