Re: Retromania | ist Pop tot?

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roseblood

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BrundleflyIch denke, Du idealisierst das etwas. Du hast ja auch im Stones-Thread davon geschrieben, dass es eine „Sehnsucht nach dieser Zeit“ bei jungen Leuten gibt, die damals noch nicht mal auf der Welt waren. Aber die picken sich ja nur bestimmte Aspekte – Musik, Klamotten, Frisuren, Filme – raus, die sie gut finden. Ansonsten würde sicher niemand von ihnen ernsthaft in den späten Sechzigern leben wollen, als die Gesellschaft längst noch nicht so liberal war wie heute. Es ist ja nicht so, dass damals jeder pausenlos LSD nahm, Stones-Platten hörte, „Naked Lunch“ las und das Leben wie in einem Godard-Film war.

Natürlich kann man sich im Nachhinein, was man nicht selbst miterlebt hat, nur bestimmte Sachen herauspicken. Und natürlich begeistert man sich dann für jene Dinge, die einem im Nachhinein als Toll vorkommen. Und eben weil man diese Sachen nicht mitbekommen hat, bieten diese viel Interpretationsspielraum und der Mensch neigt dazu, überzuinterpretieren. Aber ich finde das nicht falsch. Und vielleicht eben weil früher die Allgemeinheit nicht so liberal wie heute war, hat dies auch einen Anteil am Reiz. Das „Verbotene“ interessiert eben. Heute kann man hören was man will ohne jemanden wirklich zu schocken. Wenn man 1965 Stones oder Dylan hörte, wusste man, dass man sich damit auch abgrenzt. Man fühlte sich jung weil das die Musik der jungen Menschen war. Heute hört jeder das, was ihm gefällt. Heute hören 50jährige Musik von 20jährigen. Damals war dies aus Prinzip nicht alltäglich. Die Jugendlichen hatten mit „ihrer“ Musik eine ganz andere Wohlfühlzone als heute. Und ich finde, das ist ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, warum jemand bestimmte Musik mag. Und diese Wohlfühlzone höre ich selbst knapp 50 Jahre später als selbst junger Mensch noch aus der Musik heraus. Und das fehlt mir bei der heutigen.

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