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Pop ist aktuelle, populäre, junge Zeitkunst und kann also per definitionem nicht „Retro“ sein.
Wenn eine Zeit keine populäre, viele Menschen gleichzeitig berührende Zeitkunst hat, dann ist das nicht das Problem des Pop, sondern ein Spiegel der Zeit.
Den US-50s- oder den Welt-60s-Veteranen vorzuwerfen, sie wären in eine Zeitzone hineingeboren worden, in der Zeitkunst umfassend war, ist an der Sache vorbei. Es gibt und gab halt Zeiten, in denen Zeitkunst nicht eine Sache von Randgruppen war, sondern bedeutender, weil fast alle umfassend war. Den Zeitzeugen nicht als Nostalgie, den Vor- oder Nachgeborenen nicht als Ignoranz vorzuwerfen.
Die Sehnsucht nach Pop ist eine Sehnsucht nach Gemeinsamkeiten. Die fehlen heutzutage.
Die Rückbesinnung auf Älteres (wenn man es denn „Retro“ nennen will) mag Ausdruck dieser Sehnsucht sein. Musikhistorisch interessant in diesem Zusammenhang, dass Ende der 70s/Anfang der 80s, kaum Jahre waren vergangen nach Punk, eine vielgestaltige „Retro“-Welle den Pop erfasst hatte: Ska, Mod, Rockabilly bevölkerten die Charts in neuen Varianten. Punk hatte offenbar derart die Zeitkunst aufgemischt, dass (Rück-)Besinnung ersehnt war. Nein, das war nicht „Retro“, das war aktueller Pop jener Zeit. Genauso spannend wie Vorheriges.
Warum’s jetzt und ob’s jetzt langweilig ist, muss man Jüngere fragen. Aber die haben auch kein Problem mit „Retro“. Das ist neu, was sie hören, das ist Pop, das ist an Ort und Stelle richtig und wichtig. Aber womöglich nicht mehr so weltumfassend wie Pop einmal war. Schlimm? Nein.
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