Re: Retromania | ist Pop tot?

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nail75

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Der Retro-Begriff leitet sich aus dem Modediskurs ab, der 1965 zum ersten Mal eine Abkehr von allgegenwärtigen Innovationsbestrebungen und eine Hinwendung zur Reinterpretation historischer Stile erkennt.

Während die Ableitung des „Retro“-Begriffs stimmen mag, ist die Rückbesinnung auf die ästhetischen Normen der Vergangenheit natürlich sehr viel älter.

Man kann sich ja mal mit dem Klassizismus auseinandersetzen oder mit Neo-Romanik und Neo-Gotik. Oder mit der Renaissance.

Natürlich kann man sich nur mit der Vergangenheit auseinandersetzen, wenn man eine Vergangenheit hat. Die Popmusik der 1960er nahm ja gerade in Anspruch, mit der Vergangenheit zu brechen, insofern existierte keine Vergangenheit, auf die man sich zurückbesinnen konnte. (Das bedeutet natürlich nicht, dass die Popmusik der 60er keine Vorgänger oder Vorläufer hatte.)

Heute ist das natürlich ganz anders. Popmusik besitzt eine Vergangenheit und deshalb ist es möglich, sich darauf zurückzubesinnen bzw. diese wieder aufzugreifen. Und das geschieht natürlich auch. Wieso auch nicht?

Rock ’Täuscht es mich eigentlich oder kommt die heftigste Retro-Kritik immer von Herren im gesetzten Alter? Zwischen den Zeilen schwingt oft der Tenor „was waren wir fortschrittlich“ und „die Jugend von heute“ mit. Erinnert mich an so manche Alt-68er, die sich ihr Denkmal selbst setzen wollten. Absolutes Negativ-Beispiel dafür ist dieses Interview mit Klaus Theweleit.

„Früher war alles besser. Sogar die Zukunft.“ Den ersten Satz halte ich für Quatsch, den zweiten für bedenkenswert.

Theweleit ist 70. Das ist kein Alter in dem man in der Regel „neumodischen Krach“ hören will. Wenn ich 70 werden sollte, wird es mir vermutlich nicht anders gehen.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.