Re: Tocotronic – Wie wir leben wollen

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captain-kidd

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BrundleflyDann kommen wir da auf keinen grünen Zweig. Teilweise lebten einige der genannten Künstler im Exil – aber Henry Miller ist sogar aus Paris wieder in die USA zurück gekehrt. Ihm daraus einen Strick zu drehen, wäre aber dennoch Unsinn. Viele Leute ziehen möglicherweise deshalb nicht um, weil es andere Gründe abseits der Vaterlandsliebe gibt, die sie im Land halten. Und man muss es ja nicht immer allzu wörtlich nehmen: Gerade bei Pop-Songs gehören schmissige Slogans doch einfach dazu.

Um das noch aufzulösen: Yup, etwas falsch verstanden. Da es ein anti-monarchistisches Lied ist („fuck Queen and country“), ist das als Gleichsetzung der Royals mit den Roten Khmer zu verstehen. Dagegen sind Tocotronic noch recht zahm.

a) Ja, okay. Bin ja auch ein Freund von vereinfachten Slogans, gehört bei meinen Postings einfach dazu…:lol: Und zur Vaterlandsliebe: Genau das habe ich doch nie gemeint. Das klingt mir zu emotional und völkelnd. Mein Blick auf Deutschland ist im Gegenteil sehr rational. Aus rationalen Gründen (Sozialsystem, Sprache) lebe ich ganz gerne hier. Aber doch nicht aus (eins, zwo, drei, vier) Vaterlandsliebe. Um das hier nochmals klarzustellen.

b) Zu den Preachers: Hatte gehofft, dass sie es so gemeint haben. War mir aber nicht sicher, wegen ihrer oftmals eher kommunistischen denn sozialistischen Haltung. Hätte mich nicht gewundert, wenn die Preachers Sympathie für die Khmer empfinden würden. Und zu der Aussage der USA-Künstler, dass das Bush-Amerika ein faschistischer Staat gewesen sei… Also das halte ich dann doch für eine geradezu gefährliche Übertreibung. Denn n einem wirklich faschistischen Staat, hätten sie das gar nicht sagen dürfen. Es relativiert wirklich faschistische Staaten und spielt somit den Idioten auch noch in die Karten. Jedenfalls meiner Meinung nach.

Und wie mutig ist es denn eigentlich wirklich, so etwas in einem dann-doch-irgendwie-Rechtsstaat zu sagen? Wenn man null Repressalien zu befürchten hat und sogar von vielen dafür noch gefeiert wird? Ich meine, man kann so etwas sagen (geiles Lied!) und es juckt niemanden. Im Falle der Preachers: Wäre es nicht viel mutiger gewesen, beim Auftritt in Kuba zu sagen: „Hör mal Fidel, also die Freiheitsmedaille hast du jetzt auch nicht gerade verdient!“ Aber das trauen sie sich dann halt nicht. Kein Ahnung, warum. Vielleicht weil es Konsequenzen haben könnte und nicht bloß ein leeres Rauschen für Gleichgesinnte wäre. Manchmal verhindern „politische Lieder“ ja auch politische Aktionen. Dann singt man „Aber hier leben, nein danke“ mit, denkt sich: Eben, Drecksland – und schließt dann nen Bausparvertrag ab… (Achtung! Überspitze Aussage!)

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