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RosebloodIch verstehe was du meinst, jedoch ist mir nicht bekannt, ob es überhaupt Dylans Ziel war, mit seinen Texten ab 1965 ein möglichst großes Publikum anzusprechen. Viele Texte sind derart bildhaft und vernebelt beschrieben, dass viele womöglich gar nicht wussten, wie man dies am besten interpretieren könnte. Und vielleicht war es auch gar nicht Dylans Ziel, dass man so viel versucht in seine Texte hineinzuinterpretieren. Es war vielleicht lediglich für ihn der richtige Weg sich so auszudrücken, wie er es zu dieser Zeit wollte und für richtig befand. Und es liegt eben in der Natur des Menschen, die Dinge zu hinterfragen, die man nicht versteht. Und das ist wohl auch ein Grund (neben mehreren), wieso seine Texte auch heute noch besprochen werden. Dylan hat in vielen die Neugierde geweckt.
Für mich erzielt Dylan seine Wirkung hauptsächlich durch seine poetisch-literarischen Fähigkeiten und seine Geschichten und nicht mit seinen Melodien um seine Texte herum. Ich höre eher dem singenden Dichter zu, als dem spielenden Musiker. Er war gleich am Anfang clever genug um rechtzeitig zu erkennen, dass als Bohemian oder Woody Guthrie No.2 nicht sonderlich Geld zu verdienen ist. Ich denke schon, dass die Karriere für Dylan im Vordergrund stand und ein entscheidender Antrieb war. Was die Texte angeht würde ich sagen, dass er Wert darauf legt(e) auch verstanden zu werden, und nicht unbedingt als Orakel in die Musikgeschichte eingehen will. Dylan wird ja immer wieder mal als Nobelpreiskandidat gehandelt, aber sicher nicht wegen seiner vernebelten oder unverständlichen Texte.
Und ein ebenso wichtiger verdienst Dylans für die Pop-Musik ist seine Attitüde gewesen. Nach Elvis war er wohl wieder der erste Rebell. Und den Vorteil, den er zu Elvis hatte, Dylan war all dies genau zu der Zeit, als die Musik sich nachhaltig revolutionierte, in einem Ausmaß, der zuvor so nicht da war.
Rebell? Rebellen sind gewöhnlich nicht bloß Zuschauer. Ich sehe da keinen Rebellen in Bob Dylan, eher einen distanzierten Beobachter, der dann aus dem Gesehenen eindringliche Texte und Geschichten erzeugen kann. Auch Elvis Presley ist kein Rebell gewesen (konnte aber immerhin singen).
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