Re: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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nail75Dylan! Die Stones! Rambazamba! Pardauz!

Tja, die Musik ist natürlich hochkompetent eingespielt, aber eben nach Schema F: „Okay, heute nehmen wir Standard XY auf, zuerst soliert das Saxophonon, dann das Klavier, dann die Trompete. Danach kommt Standard ZY, da könnten wir mal mit einem Bass-Solo für etwas Abwechslung sorgen.“

Nein, natürlich ist die Musik nicht schlecht, aber verdammt gut geht mir auch zu weit. Gut, ja. Vielleicht einfach auch etwas viel in dieser Zusammenstellung.

Ne ne, die ist schon verdammt gut (wenigstens zu grösseren Teilen), aber man sollte sie wohl wirklich nicht zu lange am Stück hören. Letztlich waren die meisten LP-Konstellationen, wie Prestige sie unter die Leute brachte, doch ziemlich gelungen und davon eine oder zwei am Stück, klar, manchmal auch etwas mehr … aber ich verstehe das mit den vollen CDs und davon dann 16 am Stück und dabei auch immer mal wieder Sessions, die wirklich etwas gar routiniert abgespult werden … ich habe die drei Concord-Boxen, in denen die Musik thematisch (Leader, Jams, Sideman) sortiert ist (Miles zudem auch nicht enthalten, aber ich glaub die Miles-Sessions waren nur in einer Japan-Ausgabe enthalten, die dann nochmal zwei oder drei CDs mehr umfasste). Das kommt mir ziemlich entgegen, und auch da gibt es den einen oder anderen Hänger.

Die Trio-Session mit Earl May etwa ist mittelprächtig (und der beste der vier Takes erschien auf der allerletzten – hochkarätigen! – Resterampe „The Last Trane“ im Jahr 1964 …), die Session unter Garlands Leitung mit Donald Byrd enthält zwar sehr schöne Sachen, aber die alleine kriegt man ja an einem Tag fast nicht hin … die letzten Leader-Sessions (mit Wilbur Harden bzw. Freddie Hubbard) zünden bei mir auch nur halb (die wirlich schönen Aufnahmen mit Harden sind unter dessen Leitung bei Savoy entstanden – es gibt eine Doppel-CD mit dem kompletten [ja, manchmal konnte Keepnews das!] Material) … das Draper-Album ebenso … andererseits gibt es doch auch einiges, was von der Routine weg ist: das Album mit Kenny Burrell, die tolle „The Cats“-Session mit Idrees Sulieman, Burrell, Tommy Flanagan, Doug Watkins und Louis Hayes, das Album mit Tadd Dameron, das vorsichtig produzierte Debut-Album Coltranes … und von den Sessions mit Mal Waldron ist jene mit Coltrane, Paul Quinichette und Frank Wess für meine Ohren sehr toll (und hat wieder Watkins am Bass, für mich bei aller Liebe für Chambers doch immer ein Vorteil) … und klar, die Jams mit Gene Ammons (Coltrane am Alt – ein Photo von der Session landete depperterweise auf dem Cover der Riverside/Concord-Doppel-CD mit den gesammelten Monk/Coltrane Studio-Aufnahmen von 1947) sind ebenfalls nichts essentielles … die Session mit Mobley und Cohn und Sims ist schlecht vorbereitet und mittelprächtig umgesetzt (Waldron hätte wohl geholfen, und einer hätte Art Taylor festbinden sollen, damit er nicht die ganze Zeit losrennt und das Tempo anzieht – und grad im Direktvergleich ist dann das Griffin-Album mit Mobely und Coltrane und Lee Morgan auf Blue Note schon verdammt viel toller und stimmungsvoller, zupackend und rauchig halt) … was ist noch? Klar, „Traneing In“, „Soultrane“ und „Settin‘ the Pace“ … und auch das düstere „Black Pearls“ mit den krassen langen Soli von Coltrane, das ist quasi die Frühfassung von dem, was auf „One Down, One Up“ wieder dokumentiert ist, der suchende Coltrane, vermutlich für viele Hörer unbefriedigend, aber für mich auch in der frühen Fassung endlos faszinierend – über 1965 brauchen wir natürlich gar nicht erst reden, das ist high water mark).

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba