Re: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Wobei der eigentliche Grund dazu, diese Aufnahmen zu hören, schon Teddy Edwards ist. Der Mann ist einfach soooo verdammt gut, eine Schande dass er nicht einmal den randständigen „Kult“-Status eines Harold Land hat, er scheint einfach komplett vergessen zu sein. Dabei ist er eine Figure wenigstens vom Range eines Wardell Gray oder Dexter Gordon, um mal in Kalifornien zu bleiben, ein Musiker von einer Eigenständigkeit, die weit über all den „Brothers“ und ähnlichen Musikern liegt (die ja Zeitgenossen waren und teils auch dabeiwaren, als Edwards und der schwarze kalifornische Jazz in den Fünfzigern an den Rand gedrängt wurden) … Edwards kann auch der gelegentich mal aufblitzende Coltrane-Einfluss auf diesem zweiten Album von 1962/63 nichts anhaben. Ich bleibe daher noch etwas bei ihm, zu lange ist’s her, dass ich seiner Musik ausführlich gelauscht habe.

It’s About Time | Pacific Jazz, August 1959 mit dem Trio von Les McCann (Leroy Vinnegar/Ron Jefferson) – es läuft nicht die Freshsound-CD sondern ein Vinyl-Rip, den ich mal irgendwo im Netz mitgenommen habe … schön, aber McCann bietet, wie meist, nicht viel mehr als hippes aber doch etwas bequemes Bett. Ich mag Cuscuna nicht böse sein, dass er McCann und Gene Harris so stiefmütterlich behandelt hat, bloss warum McCanns heisses Live-Album für Pacific Jazz mit Frank Haynes und Stanley Turrentine vernachlässigt wurde (während das tolle Pendant, „That’s Where It’s At“, McCann als Sideman mit Turrentine bei Blue Note, natürlich in der RVG Reihe wiederaufgelegt wurde).

Sunset Eyes | Pacific Jazz, nach seinem berühmtesten (na ja) Original benannt 1960 mit Amos Trice bzw. Joe Castro (und Vinnegar/Billy Higgins), ein Stück vom August 1959 mit Ronnie Ball, Ben Tucker und Al Levitt (was für eine seltsame Band, aber das Stück ist gut, immerhin der Opener des Albums) … die Connoisseur-Ausgabe (West Coast Classics, Capitol 1998) enthält drei Bonustracks von der Session mit Trice, die auf dem Album nur mit einem einzigen Stück vertreten war, fünf der sieben Stücke der LP entstanden mit Castro.

Als Sidemean mit Joe Castro nahm Edwards schon etwas vor dem ersten Pacific Jazz-Album für Atlantic an den Sessions von Groove Funk Soul teil – wieder mit Vinnegar und Higgins und einem klassischen Atlantic-Cover, allerdings mit dem Claxton-Touch statt dem zu erwartenden Lee Friedlander-Portrait.

Teddy’s Ready! | You bet he’s ready! Richtig los ging diese zweite Phase von Edwards Karriere bei Contemporary, für das auch ein feines Album mit seinem alten Partner in Crime Howard McGhee entstand („Together Again!!!!“ mit der Luxus-Rhythmsugruppe Phineas Newborn/Ray Brown/Ed Thigpen) … Edwards war erst voll im Saft, während Maggie schon damals erste Abnützungserscheiungen zeigte, die er aber geschickt mit veränderter Spielweise auffing (die Daredvil-Soli der frühen Jahre lagen nicht mehr drin – leider!) … aber Edwards zeigt keine Schwächen auf seinem eigenen Debut für Les Koenigs Label vom August 1960 mit dem eingespielten Team Joe Castro/Leroy Vinnegar/Billy Higgins kann eigentlich auch nichts schiefgehen. Das Album müsste wenigstens so kultig sein wie „The Fox“ oder „Katanga!“, wenn Edwards nur dieses gemacht hätte, müsste er schon ins Jazz-Pantheon aufgenommen werden. Punkt.

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