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bepeschMein Focus liegt eindeutig bei Hardbop, höre aber auch Swing, Bebop, ja und auch Cool. Free ist nicht mein Fall, z.B. hört bei Coltrane nach A Love Supreme mein Sammlung auf. Von der Avantgarde, die ja dann in Richtung Free ging, mag ich z.B. Eric Dolphy. Ich will es aber nicht nur darauf begrenzen, gelegentlich (je nach Stimmung) lege ich auch Alben von Gabarek, Stanko u.a. auf, bin offen für Neues. Für mich muss Jazz überwiegend swingend, bluesig, funky und soulig sein, auch mal sentimental. Schwerpunkt meiner Alben liegt bei den Labeln BlueNote, Riverside, Prestige, Verve.
Rogers knüpft mehr oder weniger an bei: Miles‘ Tuba Band, Kenton und Basie – die ehrgeizigen Auswüchse, die ein Bill Russo für Kenton geschrieben hat, interessierten Rogers weniger. Er kommt einem bei seinen grösseren Bands (die Giants waren acht-, neunköpfig, wuchsen aber – z.B. für das Basie-Album auf RCA – auch mal zur Big Band an) wie ein Dompteur vor, der ein wildes Durcheinander entfacht, um dann die Horde mit seinen sehr klaren Trompetensoli wieder zu zähmen. Sehr effektvoll, mir gefällt er als Solist sehr gut. Und Giuffre wirkt öfter als Sideman mit. Aber von der Stimmung her ist das anders als Ostküsten-Hardbop, das ist klar, wirkt oft etwas aufgeräumter – eben: rhythmisch ist es eher der Swing von Basie, an den man anknüpft, nicht der Bebop von Parker und Max Roach. Andererseits ist das, was Rogers macht, aber durchaus „modern“. Man kann da wohl von „Mainstream“ reden, auch wenn er damals erst gerade geformt wurde (im Osten übrigens auch, man denke an die Small Group-Aufnahmen von Joe Newman, an Al Cohn und Zoot Sims etc., die ja alle auch mal einen Abstecher gen Westen machten).
Wenn Du Cool nennst, dann wäre allerdings Giuffre da – bei einer so allgemeinen Nennung – fast zwingend mitzudenken. Aber gut, seine Instrumentierungen, sein Umgang mit Dissonanzen … manches wirkt noch heute sehr überraschend und ungewohnt, damals war „Tangents in Jazz“ bahnbrechend (zumindest auf einer rein musikalischen Ebene, die Sache mit der Publikumswirksamkeit ist ja etwas anderes, die Schlacht hat der Hardbop eindeutig gewonnen … aber Giuffre war ja auch kein Kalifornier, auch jenseits der paar parodistischen Aufnahmen mit Rogers hört man seinem Tenor immer mal wieder den trockenen Texas-Background an).
Vielleicht wäre mal noch „Lee Konitz Meets Jimmy Giuffre“ einen Versuch wert, ein Verve-Album, auf dem Giuffre eine fünfköpfige Sax-Section arrangiert. Die Rhythmusgruppe leitet ein gewisser Bill Evans …
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba