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ThelemaLiegt es am kleinen Wörtchen „generell“? Vielleicht unglücklich gewählt, da es sowohl „im Großen und Ganzen“ als auch „ausnahmslos“ heißen kann, je nach Kontext. Dass „ausnahmslos“ nicht in Frage kommt, hätte aber der Kontext klarstellen dürfen. Sonst hätte ich auch gar nicht fragen brauchen. Und ich habe ja auch eingeräumt, dass ich selber aus dem Jahr nur eine Aufnahme habe …
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Meine Aussage gibt meinen allgemeinen Eindruck („wohl“) wieder aufgrund der Sachen, die ich über Parker gelesen habe. Das wird dann auch schon mal direkter als „Probleme haben“ und beschreibt auch mal Aufnahmesitzungen an der Westküste, zu denen Parker betrunken erschienen ist und Mist gespielt hat. Was das für konkrete Plattenaufnahmen waren und was das für Konzerte (und welche) bedeutet, müsste ich im Detail jetzt noch mal nachlesen, der Tenor, der bei mir hängen geblieben ist, ist aber nicht so grandios und lässt sich wohl am besten mit dem Wörtchen „Abwärtsspirale“ umschreiben. Die einzige Aufnahme, die ich aus dem Jahr habe (Massey Hall), gibt das tatsächlich nicht wieder.
Ein „so allgemein stimmt das nicht“ hätte mir als Antwort auch gereicht.
Aber Album-Tipps nehme ich natürlich gerne an.
Wobei ich nicht so der Komplettist bin und auch kein Jazz-Historiograph. Die Frage ist für mich: Brauche ich diese Aufnahmen? Es gibt Aufnahmen von Parker, die mich glücklich machen (oder gemacht haben, habe ihn lange nicht mehr gehört), aber ich bin eher ein Hörer, der sich auf – hau mich jetzt nicht – „definitive Versionen“ fokussiert. Wenn dann „Schlechteres“ kommt (soweit das im Zusammenhang mit Musik einen Sinn ergibt), bin ich eher enttäuscht. Das brauche ich dann nicht. (Aber natürlich gibt es oft mehrere Versionen von Stücken, die mich glücklich machen.)
Ich wollte nicht den Anschein erwecken, etwas zu beschönigen (Heroin, Alkohol, whatever) – das mit den „definitiven Versionen“ … da bist Du nicht allein, aber wie Du Dir wohl denken kannst, ist das bei mir ganz anders. Was Parker, 1953, betrifft, ob da neben Massey Hall irgendwas essentiell ist – schwer zu sagen, grundsätzlich, wenn jemand quasi den minimalen Sollbestand in Sachen Parker haben will, nenne ich die gesammelten Studio-Aufnahmen für Savoy und Dial (aber bitte mit allen Takes, das sollte schon sein! Und auch mit den Sessions unter Leitung von Norvo, Vaughan, Tiny Grimes …). Dann auch die auf Savoy erschienenen Broadcasts aus dem Royal Roost, Town Hall 1945 auf Uptown … und Massey Hall, klar (die beiden quasi als Initialzündung und als Schwanengesang). Wenn’s mehr sein soll, wird die Sache schwieriger … die Verve-Aufnahmen sind ein durchmischter Haufen, den ich vergleichsweise viel schlechter kenne, aber die Norman Granz Jam Session mit Parker z.B. ist grossartig, „Repetition“ sowieso, das Album mit Dizzy und Monk natürlich auch, und da gibt es noch mehr, auch die eine oder andere JATP-Aufnahme mit Bird ist klasse … „Boston, 1952“ auf Uptown ist klasse, ebenso das „Legendary Rockland Palace Concert“ vom Herbst 1952 (Strings plus Quintett mit Mundell Lowe, Walter Bishop, Teddy Kotick und Max Roach – die einzige Ausgabe in korrekter Geschwindigkeit scheint nach wie vor die Doppel-CD auf Jazz Classics Records von 1996, Katalognummer CD-JZCL-5014), der 1950er Mitschnitt aus dem Birdland mit Fats Navarro zählt wohl auch zu den Bop-Essentials, „Parker at Storyville“ auf Blue Note (eben von 1953) ist auch sehr gut, dann gibt es Diverses aus dem Birdland, den klanglich miserablen aber durch das Gitarrenspiel von George Freeman verblüffenden Mitschnitt aus dem Pershing in Chicago, Aufnahmen aus dem Apollo, dem Open Door … dann auch die eine oder andere frühe Aufnahme (die Apollo-Session mit Charles Thompson, auf einer Delmark-CD zu finden, die insgesamt lohnt; die paar Stücke mit Jay McShann).
Wieviel man davon haben will, muss, keine Ahnung – ich bin jedenfalls froh um die vielen Zeugnisse, eben auch eines wie „Bird at St. Nick’s“ – dass Aufnahmen, bei denen nur Thema, Parker-Solo und Fours mitgeschnitten wurden, teils über vier Minuten lang dauern, zeigt eben auch, wie die Musik live gespielt wurde – im Club, nicht unbedingt im grossen Konzert wie in der Massey oder der Town Hall (klar, dort dauerten die Soli auch länger, aber der Rahmen und die Atmosphäre sind wieder sehr anders).
(Die „New Wave“-CD mag ich auch sehr gerne, übrigens!)
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