Re: Ich höre gerade … Jazz!

#8485693  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 69,529

ClauCHARLIE ROUSE/PAUL QUINICHETTE – The Chase Is On

@Aficionados: Das ist doch auch klar Hardbop, oder? Mir fällt die genaue Stil-Bestimmung oft schwer. Ein verdammt gutes Album, jedenfalls.

Hab’s nicht grad im Ohr, denke aber eher sowas zwischen Bebop, Mainstream (Post-Basie-Musik) und Hardbop. Aber das spielt ja letzlich keine so grosse Rolle. Quinichette war jedenfalls kein Bopper, auf dem Album mit Coltrane (das im übrigen sehr schön ist) macht er auch mal ein paar Fehler aufgrund des ihm nicht geläufigen Materials. Wendell Marshall machte alles – spielte zunächst z.B. bei Ellington, dann im Trio mit Hank Jones (am Schlagzeug Kenny Clarke), mit dem es in boppige Gefilde ging. Wie Marshall war auch Thigpen ein sehr versierter Musiker – er ist auf dem Coltrane/Quinichette-Album übrigens auch zu hören, am bekanntesten dürfte er für seine Zeit im Trio von Oscar Peterson sein. Untem Strich würd ich so sagen:

Charlie Rouse: Bebop
Paul Quinichette: Swing
Wynton Kelly: Hardbop
Hank Jones: Mainstream (Swing-to-Bop, das grosse Piano-Jazz-Kontinuum von Hines zu Tatum)
Wendell Marshall: Mainstream
Ed Thigpen: Mainstream

Was natürlich alles wiederum wenig über das Album als ganzes aussagt. Der Teufel liegt, wenn man solche Dinge denn überhaupt zu bestimmen für notwendig hält, im Detail: was für Rhythmen spielt Thigpen bzw. wie phrasiert/betont er? Wie sind die Stücke aufgebaut, eher catchy, stark im Blues verwurzelt (auch wenn sie natürlich deshalb nicht dem 12taktigen Blues-Schema folgen müssen) oder eher verschachtelt, mit unerwarteten Linien? Wie sind die Tempi und das ganze „Feeling“, eher hektisch/rasch oder eher entspannt ausschweifend? Das sind aber alles nur Anhaltspunkte, eine klare Einteilung wird es eh nie geben, gerade in den Fünfzigern, als oft Leute unterschiedlichster Richtungen zusammen aufnahmen (Hawkins z.B. hat ja mit Beboppern nie ein Problem gehabt, er hat deren Musik wohl vollumfänglich begriffen, dennoch hat er nie Bebop gespielt … aber ob ihn nun ein Klassizist wie Jimmy Jones begleitete, Swing-to-Bop-Leute wie Hank Jones oder Oscar Peterson, ein in der Wolle gefärbter Bebopper wie Barry Harris oder ein Modernist wie Eddie Costa – er kam mit allen problemlos zu recht, weil er offen war und v.a. begriff, was die alle machten.

EDIT: redbeans war schneller, aber das Fazit ist am Ende das gleiche (obwohl ich mich an einer Ferndiagnose versuchte, ist ein paar Jahre her, dass ich das Album hörte).

Hier lief vorhin mal die Studio-Session, in der Coltrane „Alabama“ einspielte, danach die Basie/Goodman/Young-Session sowie ein paar Big Band-Stücke von Basie mit Young von 1940.

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba