Re: Ich höre gerade … Jazz!

#8481385  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,341

gypsy tail wind

CD 3 versammelt dann die Reader’s Digest Aufnahmen von 1969 inklusive ein Dutzend zuvor unveröffentlichter Alternate Takes.

Nochmal CD 3 – das macht schon Spass, wenn Johnny Hodges zum Auftakt über das Thema aus „La dolce vita“ soliert … Wild Bill Davis ist auch mit dabei, „Alfie“ gehört ihm dann (übrigens natürlich das Stück von Bacharach/David, auch wenn im CD-Booklet der Name von Sonny Rollins drinsteht – dessen Stück hiess ja glaub ich eh „Alfie’s Theme“ … ist ncht der einzige Fehler, James P. Johnsons „Carolina Shout“ wird kurzerhand als Ellington-Komposition ausgegeben – Qualitätskontrolle und kompetentes Personal sind halt mehr, als die armen Major Label sich leisten können, schliesslich geht’s ja um den Shareholder Value und der hört gewiss nicht Duke Ellington).

Das Programm des Albums ist bunt gemischt, ein Dutzend Stücke, von Bonfas „Mañha de Carnaval“ und Jobims „One Note Samba“ über Erroll Garners „Misty“, Mancinis „Mr. Lucky“ oder „A Taste of Honey“ bis hin zu „Spanish Flea“ (Ellington goes Tijuana Brass!), den Abschluss macht dann Ellingtons „Moon Maiden“ – unter den Alternate Takes, die hier zum ersten Mal erschienen sind, findet sich auch eine Version, in der Ellingtons Stimme zu hören ist – sprechend und singend:

[INDENT]Moon maiden, listen here,
Your vibrations are coming in loud and clear.
Now I’m just a fly-by-night-guy,
But for you I might be quite the right do-right guy.

Diese Aufnahmen finden sich übrigens allesamt nicht in der grossen RCA-Box und waren für mich der Hauptgrund, dieses 3CD-Set überhaupt zu kaufen. Die Arrangements überliess Ellington hier übrigens Luther Henderson, Wild Bill Davis und Ron Collier – die durchaus gute Arbeit im Geiste von Ellington/Strayhorn geleistet haben.

(In den Liner Notes sind übrigens die Fehler aus dem Info-Teil des Booklets nicht wiederholt, Robert G. O’Meally vom Centre of Jazz Studies an der Columbia University scheint sich besser auszukennen, aber wie man weiss, sind die Liner Notes-Autoren ja meist hired guns, die bei der Produktion und Gesamtherstellung des Booklets nichts zu melden haben).

Danach gibt es Duke Ellington in Denmark, 1957-1970 – 92 Minuten Musik von diversen Konzerten, viel von 1965 aber auch zwei Stücke von 1957, vier von 1962, je zwei von 1963 und 1968 (Auszüge aus der „Degas Suite“, die ein paar Tage zuvor im November 1968 in New York eingespielt wurde und auf „Private Collection Vol. 5“ zu finden ist) sowie eines von 1970. Bis 1967 oder Anfang 1968 war die „alte“ Band (die seit den Fünfzigern, aber mit komplett ausgetauschter Posaunensection seit ca. 1960 und mit einzelnen Wechseln in der Rhythmusgruppe und bei den Trompeten) noch intakt, Sam Woodyard war zurück, am Bass ein Jeff Castleman … später 1968 ist dann Jimmy Hamilton weg (Harold Ashby ein würdiger Ersatz, der allerdings den Fokus ganz aufs Tenorsaxophon verlegt, das bei Hamilton ja leider nur selten zu hören war, obwohl er sehr gut war). Die Trompeten bestanden Ende 1968 allerdings aus Cat Anderson, Cootie Williams, Money Johnson und dem Rückkehrer Willie Cook, am Schlagzeug war wieder Rufus Jones, die Posaunen weiterhin Brown/Cooper/Connors, Procope, Hodges, Gonsalves und Carney zur Stelle … kein Grund zur Sorge also!

Danach die achte CD aus der „Private Collection“ mit Aufnahmen von 1965-67 und einem nachgereichten „Moon Mist“ (feat. Paul Gonsalves) von 1957 (das eigentlich zu den Aufnahmen auf Vol. 7 gehört):

Auch Vol. 10 enthält Aufnahmen von 1965/66 (darunter eine Studio-Einspielung von „Ad Lib on Nippon“) sowie ein Stück von 1971:

Weiter geht es danach mit einem der als „The Greatest Jazz Concert in the World“ apostrophierten Live-Mitschnitt:

Zwei Stunden und zwanzig Minuten Musik von einigen Musikern aus Norman Granz‘ inner circle. Den Auftakt macht Oscar Peterson im Trio (Sam Jones, Bobby Durham), dann stossen Clark Terry, Benny Carter, Zoot Sims und Paul Gonsalves hinzu für zwei schnelle Nummern („Now’s the Time“ und „Wee“), die ein Ballandenmedley umschliessen (Zoot spielt „Memories of You“, Terry folgt mit „Misty“ und Carter schliesst mit „I Can’t Get Started“, schade dass man Gonsalves ausliess). Als nächstes spielt Coleman Hawkins zwei Stücke mit dem Trio von Peterson, bevor erneut gejamt wird, diesmal über den „C Jam Blues“ und mit Hodges und Carter, die zu Hawkins stossen, während Louis Hayes am Schlagzeug platz nimmt. Den Abschluss von CD 1 machten dann zwei lange Stücke mit T-Bone Walker, der von Terry, Hodges, Gonsalves und dem OP-Trio begleitet wird.

Auf CD 2 ist dann die Ellington-Band zu hören und spielt eine Reihe von Features: Russell Procope in „Swamp Goo“, Jimmy Hamilton in „Gurdle Hurdle“, Cootie Williams in „The Shepherd“, Lawrence Brown in „Rue Bleue“, Cat Anderson in „Salomé“, Harry Carney in „A Chromatic Love Affair“, Paul Gonsalves in „Mount Harissa und schliesslich Johnny Hodges in „Blood Count“. Dann folgt „Rockin‘ in Rhythm“, bevor Zoot Sims sich zu Gonsalves und Hamilton (am Tenor) gesellt für „Very Tenor“ (eine solche Nummer gab es auch zum Abschluss in Antibes 1966 mit Ben Webster, sehr toll!). Terry und Anderson solieren dann in „Onions (Wild Onions)“, Peterson übernimmt den Klavierpart in „Take the ‚A‘ Train“. Den Auftakt von CD 3 macht Satin Doll, in dem sich Benny Carter zu Hodges, Hamilton und Gonsalves gesellt. „Tootie for Cootie“ gehört natürlich selbigem, in „Up Jump“ ist wieder Gonsalves am Solisten-Mik, „Prelude to a Kiss“ teilen sich Hodges und Carter (schade, dass Granz sich nicht auch ein wenig um Willie Smith gekümmert hat, man stelle sich nur vor, der wäre auch noch dabei!), dann kriegt Hodges sein übliches Feature,: „Mood Indigo“, „I Got It Bad“, „Things Ain’t What They Used to Be“. Ella Fitzgerald singt dann ein kurzes Set mit dem Jimmy Jones Trio (Bob Cranshaw und Sam Woodyard) und den Ellington-Bläsern, danach ein zweites Set nur mit dem Trio und zum Abschluss dann „Cotton Tail“ wieder mit dem Orchester und Paul Gonsalves als sparring partner. Die Aufnahmen entstanden im März 1967 in New York und im Sommer 1967 in Kalifornien.

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #162: 8.4., 22:00; # 163: 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba