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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"
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gypsy tail windDer Unterschied ist für meine Ohren keiner der „Wagemutikgkeit“ … oder doch, vielleicht schon (und dann fällt er durchaus auch in meinen Augen zugunsten von Evans aus) … aber der Hauptunterschied ist, dass Evans keinen puren Bebop spielte, oder das nur selten tat. Dennoch …
Evans auf Voicings zu reduzieren käme mir nie in den Sinn, das wäre äusserst albern. Die Voicings sind ein Teil des Ganzen, den man bei technischer Betrachtungsweise gesondert betrachten kann. Natürlich tut man das an Jazzschulen, worauf ich mich ja bezog – nicht, dass ich das besonders toll oder unterstützungswürdig fände, aber manchmal schärft sowas durchaus den Blick.
Was Du sonst schreibst, diese Beobachtung über Wärme und Kälte: Ja! Das gehört gewiss zu dem, was die Faszination ausmacht. Neil Tesser endet seinen Textes über Evans im Booklet der ersten Ausgabe der Verve-Box treffend mit der Aussage, „in his art, Evans had no fear of revealing the man behind the beard.“
In diesem Sinne höre ich Evans durchaus aus grossen Sucher – aber im Gegensatz zu den ganz grossen Suchern tat er das eben nicht mit rundum geöffneten Fenstern, um bei Deinem Bild zu bleiben, sondern hatte quasi ein Territorium gefunden, auf dem er sich bewegte und das er beherrschte wie kein anderer.
Und da müsste ich nun wieder widersprechen, aber eigentlich tat ich das ja oben schon … diesen Mythos von Bill Evans, dem Solitär, halte ich – ich wiederhole mich – für eine fahrlässige Verkürzung. Schon klar, dass er Legionen von Pianisten beeinflusst hat, aber Evans war nicht der Phönix aus der Asche, er bewegte sich in einem sehr realen Umfeld, in dem auch andere Pianisten tätig waren, er hörte wohl Tristano, natürlich Bud Powell und eine Unzahl anderer. Ich halte die Sichtweise einfach für verkürzt, was wiederum nicht den Einfluss Evans‘ mindern soll – bloss den Blick etwas ausweiten. Bloss weil nail (sorry, mein Lieber! ;-)) nie was von Al Haig oder Duke Jordan gehört hat, heisst das nicht, dass Evans seinem Spiel und dem vieler anderer (u.a. natürlich Wynton Kelly, sein grosser Konkurrent bei Miles) nicht aufmerksam gelauscht hat. (Und, das tut hier jetzt wohl nichts zur Sache, aber mich nähme Wunder, wessen Debussy-Aufnahmen Evans gelauscht hat … weiss dazu zufällig jemand etwas?)
trefflich herausgeschält, gypsy……was zusätzlich natürlich Evans zum Nachteil gereicht ist die quantitativ opulente Discographie, durch welche man noch mehr die Unterschiede bzw Entwicklungen herausarbeiten kann – oder mangels dieser Eigenschaften eben dann auch nicht…….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)