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CD 6 – Glass Bead Games
Es geht mir ähnlich, wie ich die frühere Begegnung mit diesen Aufnahmen im Kopf hatte: zuviel Coltrane, wo ich Jordan hören möchte. Schon die zweite Nummer, das Titelstück, klingt gespenstisch nach dem Mann aus Hamlet, NC. Später gibt’s dann ja noch ein ihm gewidmetes Stück. Dass die Musik gut ist, steht ausser Frage, sie ist sogar sehr gut – aber dennoch … das ist genau das, was ich mit dem schon einige Male erwähnten vermaledeiten Coltrane-Einfluss meinte: dass dessen Geist im Spiel manches Saxophonisten zum einen oder anderen Zeitpunkt übermächtig zu werden scheint. Dabei hat Jordan einen der schönsten Sounds, den man je hören konnte, die Coltranismen hier sind wohl ehrlich gemeint, aber sie klingen eben doch ein wenig wie aufgepfropfte Manierismen, die ein Musiker vom Range Jordans nicht nötig hat.
Weiss man eigentlich, warum Jordan sich hier auf Hesses weltabgewandtes opus magnum bezog? Der Autor der Liner Notes der Mosaic-Box, Willard Jenkins, versucht quasi über die Widmungsträger der Stücke (Paul Robeson, Coltrane, Cal Massey, Eddie Harris, Maimonides …) einen in meinen Augen etwas oberflächlichen Bezug zu Hesses Vorstellung der im Glasperlenspiel erreichbaren Gesamtheitlichkeit herzustellen. Mag sein, dass es das war, was Jordan vorschwebte, aber das leuchtet mir nicht ein, bzw. überzeugt mich nicht.
Etwas Weiteres, was mich hier etwas ratlos zurücklässt, ist die Kürze der meisten Stücke; nur zwei dauern etwas unter sieben, eines etws über acht Minuten, der Rest bewegt sich zwischen ca. zweieinhalb und fünfeinhalb Minuten. Ich mag Jordan lieber, wenn er sich Zeit lässt und Raum greift – sein Sound an sich ist ja schon sehr raumgreifend, diese Kürze wirkt auf mich nicht so überzeugend (das geht mir z.B. auf „Soul Fountain“ auch so). Die Live-Aufnahmen mit Walton von 1973-75 sind zwar meist klanglich nicht so toll, aber da nimmt sich Jordan den Raum, den seine Musik braucht, um sich zu entfalten. Die Stücke auf „Glass Bead Games“ scheinen mir daneben ein wenig wie Vignetten – aber vielleicht begreife ich da einfach etwas noch nicht, ich will die Aufnahmen jedenfalls bald wieder anhören, sie gefallen mir schon!
dietmar_Ah, also doch richtig verstanden.
Aber „The Complete Clifford Jordan Strata-East Sessions” stimmt dann gar nicht , wenn “Reasons in Tonality“ fehlt.
Auf die Blackwell Sessions wäre ich allerdings gespannt.
Danke für die fundierten Infos.
Ich vergass vorhin natürlich, dass Jordan auch auf der Ware-Session am Tenorsaxophon zu hören ist … aber die ganzen Details findet man ja sowieso auf der Mosaic-Website:
http://www.mosaicrecords.com/discography.asp?number=256-MD-CD&price=$102.00&copies=6%20CDs
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