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Im April 1961 waren Byrd und Adams das nächste Mal zusammen für Blue Note im Studio. Herbie Hancock, der neue Pianist der Working Band von Byrd/Adams (er hatte Duke Pearson abgelöst), Doug Watkins und Drummer Teddy Robinson, dessen Name auf der LP, als sie schliesslich 1979 unter dem Titel The Chant erschien, falsch geschrieben war, vervollständigten das Quintett. Auf dem Menu standen u.a. „I’m an Old Cowhand“, Pearsons „The Chant“ (dem Byrd im Januar 1963 auf „A New Perspective“ zu einer definitiven Version verhelfen sollte), sowie ein Barisax-Feature für Adams, „Sophisticated Lady“.
Zwei Wochen später waren Byrd und Aams schon wieder in Englewood Cliffs im Studio von Rudy Van Gelder. Das Ergebnis war The Cat Walk, das erste von zwei sehr tollen Alben, die Byrd/Adams in diesem Jahr aufnahmen. Die weiteren Beteiligten waren diesmal Duke Pearson, der ehemalige Pianist, mit dem weiterhin freundschaftliche Beziehungen gepflegt wurden, Laymon Jackson, der Bassist der Working Band, sowie Philly Joe Jones. Drei der Stücke stammen von Pearsons, eins hat er mit Byrd zusammen geschrieben, der zudem das Titelstück beitrug. Als sechtes ist Neal Heftis Basie-Klassiker „Cute“ zu hören. Das Album ist wundervoll lyrisch und soulful in der Art, wie es Pearson so gut konnte – und Byrd, der immer lyrischer und weicher spielte als seine Konkurrenten Lee Morgan oder Freddie Hubbard. Jones dabeizuhaben ist eine grosse Freude, es wird bald klar, wie ideen- und abwechslungsreich sein Spiel ist, wie sehr er sich von den meisten Drummern der Zeit abhebt. Was diese Gruppe – mit Pearson oder Hancock (und Pearson im Hintergrund) – abhebt von so vielen Hardboppern, die ihre Musik in der Zeit mit Souljazz und Boogaloo anzureichern begannen, ist, dass sie meisterhaft Stimmungen evozieren können, dass das Material, das sie spielen, sie dazu bringt, nicht bloss hart zu blasen sondern immer wieder ruhigere und auch exotischere Töne zu hören sind, Vamps mit leicht östlichem Einschlag, Souljazz-Nummern, die vielleicht nicht so hart grooven wie später Lee Morgans „The Sidewinder“, die aber in ihrer bittersüssen Melancholie ganz andere Qualitäten haben, die bei anderen Musikern der Zeit eher zu kurz kamen – Qualitäten, die, dünkt mich, viel mit dem Material zu tun haben, das gespielt wird, und damit, dass die Musiker, die sich dieses Materials annehmen auch selbst in vieler Hinsicht wie Komponisten funktionieren, wenn sie die Musik interpretieren.
De nächste Streich folgte schon im September 1961: Royal Flush. Hier spielen Byrd und Adams mit Butch Warren und Billy Higgins – auf die beiden stiessen sie zufällig, als sie eines Tages im White Whale in New York proben wollten. Die beiden Musiker passten ihnen so gut, dass sie sie gleich mit ins Studio nahmen – und wie oben erwähnt, wurde die Rhythmusgruppe in der Folge von Blue Note auf einigen tollen Alben eingesetzt. Die Aufnahme mit Byrd ist ihre erste, und es war auch dieses Album, mit dem Hancock in Jazzkreisen zum ersten Mal für Hellhörigkeit sorgte, das erste Blue Note-Album, auf dem er zu hören war und das auch gleich mit einem eigenen Stück, „Requiem“. Byrd trug vier Stücke bei und das Quintett macht sich noch an den Standard „I’m a Fool to Want You“. Wie das Album davor ist auch „Royal Flush“ äusserst gelungen, mit tollen Soli von Byrd und Adams und dem grossen Bonus von Herbie Hancock, dessen Soli eins ums andere überraschen. Butch Warren ist im Stück von Hancocks überdies mit einem längeren Arco-Solo zu hören.
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