Re: Ich höre gerade … Jazz!

#8469655  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 69,346

doch der fünfte folgt sogleich … und das neue an diesem Streich war, dass Patton (oder Lion) zum ersten Mal auf Bläser verzichteten. Das Ergebnis: einer der grossen Blue Note-Klassiker, auf dem nicht nur Platz für Groove („Latona“!!!) und Soul ist, sondern auch für ein auf Blue Note seltenes Experimet, eine Nummer im 5/4-Takt, das abschliessende „One Step Ahead“ von Patton. Dieser hat vier der sechs Titel geschrieben, der bisher neben dem Leader wichtigste Komponist und Arrangeur Ben Dixon ist erstmals nicht mit von der Partie, stattdesen ist das leichte und dennoch treibende Spiel von Otis „Candy“ Finch zu hören, der nicht nur mit Stanley Turrentine und dessen damaliger Ehefrau Shirley Scott spielte, sondern auch mit Dizzy Gillespie und Milt Jackson aufnahm.

Die Stimmen von Bobby Hutcherson, Grant Green und John Patton verschmelzen wunderbar, das Ensemble wirkt nie dick, da kommt keiner dem andern in die Quere, ganz im Gegenteil, die Musik fliesst dahin in einer grosen Eleganz. Eingebettet zwischen je zwei Patton-Originals (den Auftakt noch vor „Latona“ macht das Titeltstück) gibt es zwei Cover zu hören, zuerst Johnny Mandels damals noch brandneues Thema aus „The Sandpiper“, einem grandios vermurksten Vincente Minelli-Film mit dem wohl grössten Liebespaar der damaligen Zeit, Liz Taylor und Richard Burton. Das Stück wurde bekannt als „The Shadow of Your Smile“ und ich bin ihm seit langer Zeit verfallen. Es folgt dann Hank Mobleys „The Turnaround“, ein Blues, in dem Finch einen furiosen Shuffle trommelt.

Es folgt dann Pattons „Jakey“, ein schnelles Stück, bevor die erähnte 5/4-Nummer „One Step Ahead“ das Album ausklingen lässt – und zwar trotz dem ungewohnten Metrum mit einem satten Groove, den Pattons Basslinien und Finchs Schlagzeug setzen, und über dem sich Green und Hutcherson mühelos zu bewegen wissen.

Dieses Album war das mit grossem Abstand erste von Patton, das ich kannte – in einer französischen Ausgabe, Teil einer Serie von 25 (?) Alben, die unter dem Etikett „Jazz References“ erschienen – mit ins Französische übertragenen Original-Linernotes … das ist noch immer die Ausgabe, die ich davon habe – eine CD, die in den letzten Jahren zwar selten lief, mir aber doch sehr lieb ist (das Nachfolger-Album, das ich heute auf dem Nachhauseweg von der Arbeit zur Hälfte anhörte und in meine Top 200 aufnahm, „Got a Good Thing Goin'“, kenne ich zwar deutlich weniger lang – die CD erschien 2003, ich kaufte sie wohl 2003 oder 2004 -, schätze es aber noch etwas mehr).

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba