Re: Ich höre gerade … Jazz!

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blues-to-bechet

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katharsis
Da war ich neugierig und habe vor kurzem mal reingehört. Recht lange habe ich es nicht ausgehalten. Shorter hat nichts zu sagen, was er nicht früher schon einmal auf den Punkt gebracht hat. Meiner Meinung nach hätte er nach The all seeing eye einfach aufhören sollen, da war alles gesagt.
Was mich aber über alle Maßen irritiert hat, war das Klavier. Ob der Pianist gut ist, ist mit Sicherheit Geschmackssache, aber der Klang des Klaviers?! Wer hat denn das verbrochen. Die ganze Musik klingt dermaßen nach Plastik, nicht auszuhalten.
Aber, das ist nun auch kein Geheimnis, ich bin kein Freund späterer Jazzaufnahmen. Weniger der Musik wegen, vielmehr hat sich die Soundästhetik nachhaltig zum Negativen gewandelt.

Diese Kritik ist doch etwas harsch. Schon klar, ein achzigjähriger kann sich nicht komplett neu erfinden. Aber Shorter ist mit dieser Scheibe immer noch kreativer unterwegs als so manch andere lebende Jazz-Legende (möchte jetzt keine Namen nennen…). Natürlich, mit der Zeit geht im die Puste etwas aus, und ohne seine aktuellen Mitstreiter (die Kritik am Klaviersound kann ich auch nicht teilen; digital produzierte Instrumente klingen generell anders als früher, aber „Plastik“ hört sich definitiv anders an) würde man das noch stärker merken. Das ändert aber nichts an der Tatsache, das Wayne Shorter immer noch kreativ und frisch unterwegs ist.

Es ist halt leider nur so eine Sache mit den „lebenden Legenden“. Was wäre z.B., wenn Coltrane noch am Leben wäre? Und klar, die glorreichen Jazz-Zeiten liegen in den 50ern und 60ern, aber deswegen alle „späteren Jazzaufnahmen“ (ab wann ist denn „später“?) missachten? Dies würde meinen, Jazz bequem museal zu institutionalisieren, als etwas, dem man sich rein historisch annähert. Aber das kann es doch eigentlich nicht sein! Jazz ist höchst lebendig, gerade im „neuen“ Jahrtausend, mit lebendig gehaltenen Traditionen und Innovationen! Nur klassischen 50er / 60er Jazz zu hören, wäre mir jedenfalls definitiv zu fad. Dasselbe gilt übrigens auch für den Bereich der „klassischen“ Musik, und für alle anderen Genres.

Anmerkung: Jetzt, beim erneuten Hören von Without A Net, fällt mir jedenfalls der etwas unausgewogene Mix (Keys zu sehr im Vordergrund, Drums zu sehr im Hintergrund, arg beschnittene Live-Atmosphäre) auf. Aber das ist halt Geschmackssache.

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