Re: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Noch eine Jam Session mit Coltrane – eine der kurioseren, nicht nur wegen des Line-Ups mit den beiden Baritonsaxophonisten Pepper Adams und Cecil Payne (Sahib Shihab war ja auf Coltranes Debut zu hören – für mich sind die drei eine Art Triumvirat jenseits von Chaloff, Mulligan und Übervater Carney), sondern auch, weil die erste Veröffentlichung auf der einen Seite einer 16 rpm-LP erfolgte (Prestige 16-6 – unten das Originalcover, die zweite enthaltene Session ist besser bekannt als „Curtis Fuller And Hampton Hawes With French Horns“, erschienen als Status ST 8305).

Adams ist derjenige mit dem schneidenden Ton, der leicht aggressiven Spielweise (das Adjektiv wurde damals ja jedem Hardbopper verpasst, aber bei Adams finde ich es nicht unpassend), Payne klingt runder, deutlich sanfter.

Der Solo-Chart:

DAKAR: Payne, Coltrane (2:18), Adams (3:51)
MARY’S BLUES: Intro: Adams (4), Payne; Solos: Adams, Coltrane (1:53), Payne (3:10); Fours in gleicher Reihenfolge
ROUTE 4: Payne, Coltrane (3:19), Adams (4:39)
VELVET SCENE: Thema: Coltrane; Solos: Adams, Coltrane (3:12)
WITCHES‘ PIT: Thema: Coltrane; Solos: Coltrane, Adams (1:55), Payne (nach Piano, 4:13); Fours: Coltrane/d/Adams/d/Payne/d
CAT WALK: Adams, Coltrane (2:24), Payne (3:35)

Teddy Charles war diesmal der zuständige Mann, obwohl er selber gar nicht mitspielt. Er hat das Titelstück, „Route 4“ und „Cat Walk“ beigesteuert, von Adams stammen „Mary’s Blues“ und „Witches‘ Pit“, von Waldron „Velvet Scene“. Die drei Bläser werden von Mal Waldron, Doug Watkins und Art Taylor begleitet.

Bei aller Liebe für Adams: Balladenspielen konnte er damals nicht (ob er’s später lernte, müsste ich gelegentlich mal auf anderen Aufnahmen überprüfen). Er spielt auch in „Velvet Scene“ recht agressiv und oft ziemlich schnell, scheint überhaupt nicht so recht zur Ruhe zu kommen … aber sein Ton ist phantastisch und in schnellen Stücken mag ich ihn sehr. Die Ballade hätte man aber besser an Payne delegiert – Coltrane macht seinen Job allerdings unbeirrt gut.

Waldron öffnet „Route 4“ mit einem seiner tollen Telegramm-Soli, bleibt lange Momente bei einem Ton oder einem ganz einfachen Motiv und variiert diese über längere Zeit, was einen ganz besonderen Groove entwickelt (eins seiner allertollsten Soli gibt’s auf Mingus‘ „Blues & Roots“ – wo Adams auch dabei ist).

Eine schöne Session auf jeden Fall, in meiner Wertschätzung ähnlich wie „Interplay“ – kein Klassiker, aber auf jeden Fall hörenswert (diese Fazit wird allerdings wohl von keinem einzigen Album von und mit Coltrane untertroffen).

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