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Wenn ich schon bei den Jam Sessions mit multiplen und anderen Tenören bin … die hier übertrifft in mancher Hinsicht wohl alles, ist in Sachen Hardbop gewiss eine der besten Jam Sessions überhaupt (die „Wheelin‘ and Dealin'“ ist unaufgeregter und gelassener, stilistisch mit Quinichette und Wess ein gutes Stück weniger modern, weniger hektisch).
Griffin ist unglaublich im öffnenden „The Way You Look Tonight“, hat von Beginn an das Szepter in der Hand. Auf ihn folgt Lee Morgan, achtzehn Jahre alt und in bester Laune, kein Anzeichen, dass er eingeschüchtert wäre von der doch ziemlich beeindruckenden Band (Paul Chambers, * 1935 war der nächst jüngere, aber auch er war damals – durch die Arbeit mit Miles – wohl schon bestens bekannt). Mobley spielt nur einen Chorus, dann folgt Coltrane mit zweien – spielt zwar durchaus überzeugend, aber (wir sind hier erst im April 1957, er wurde demnächst von Miles gefeuert, war noch ein Junkie und Monk stand erst bevor) noch ohne die rhythmische Sicherheit, die er in den kommenden Monaten gewinnen sollte. Griffin und Blakey spielen dann einiger Runden „fours“, bevor Griffin wieder das Thema präsentiert.
„Ball Bearing“ ist das erste von zwei Griffin Originals. Coltrane spielt das erste Solo und holt aus den interessanten Changes viel heraus. Es folgt wieder Morgan an zweiter Stelle, dann Griffn und zuletzt Mobley – der Groove ist wunderbar! Die gleiche Rhythmusgruppe nahm 1960 mit Mobley die Blue Note-Klassiker „Soul Station“ und „Roll Call“ auf, zudem mit Morgan „Here’s Lee Morgan“ (Vee Jay) – gibt es noch mehr mit ihnen? Sie sind phantastisch! Die Kombination mit Philly Joe ist ebensogut, aber Blakey bringt einen grossartigen, wuchtigen Beat mit.
Die zweite Hälfte beginnt mit einem grossen Bebop-Klassiker, „All the Things You Are“. Die Solisten sind: Griffin, Coltrane, Morgan, Mobley, Kelly, Chambers, dann kurz Fours von Griffin mit Blakey und aus. Kelly spielt im Thema über Blakeys Latin-Beat in der Bridge einen Montuno, während Griffin mit seinem immensen Sound Jerome Kerns Melodie mit minimalen Verzierungen präsentiert. Spätestens hier hätte ich mir dann doch ein paar Fours der Saxophonisten gewünscht, allerdings ist es wohl gerade die Abwesenheit von Konkurrenz-Denken (zum Glück stand Sonny Stitt nicht auch noch am Strassenrand auf dem Weg zum Van Gelder Studio!), die dieses Album so toll macht.
Den Abschluss macht das zweite Griffin Original, „Smoke Stack“, ein Blues. Kelly eröffnet, Griffin, Morgan, Mobley, Coltrane, Kelly, Chambers und dann wieder Griffin/Blakey. Das Stück ist auf der CD in zwei Takes zu hören (nur deer RVG-CD, soweit ich weiss, wenigstens nicht der alten US/Euro-Ausgabe). Die Soli von Morgan und Mobley sind vertauscht und Coltrane scheint in viel besserer Stimmung zu sein als auf dem Master, auf dem er … wie übersetzt man das, „going through the motions“? Jedenfalls scheint er auf dem Master genau das zu tun und nicht mehr).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba