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Bei den meisten Jam-Alben, an denen Coltrane mitwirkte, zeichnete Mal Waldron für die Kompositionen und die Leitung zuständig. Hier fiel diese Rolle an Hank Mobley, der zwei Originals beisteuert, „Bob’s Boys“ (gemeint sein dürfte Bob Weinstock) und das Titelstück.
Die Solo-Charts:
JUST YOU, JUST ME
Bridge im Thema: Sims (4 Takte)/Mobley (4 Takte)
Solos: Mobley, Sims (1:37), Coltrane (2:43), Cohn (3:51) (je 2 Chorusse à 32 Takte), nach dem Piano-Solo in gleicher Reihenfolge je 16 Takte, dann 4 Takte für 3 Chorusse
Bridge im Thema: Cohn (4 Takte)/Coltrane (4 Takte)
TENOR CONCLAVE
Intro und Bridge im Thema (Anfang und Ende): Mobley, Coltrane, Sims, Cohn (je 2 Takte)
Solos: Mobley, Sims (2:24), Cohn (3:59), Coltrane (5:31), nach den Piano-, Bass- und Drum-Solos: Mobley, Coltrane (4 Takte für 1 Chorus), Cohn, Sims (4 Takte für 1 Chorus)
HOW DEEP IS THE OCEAN?
Cohn – Piano-Solo – Sims, Coltrane (9:25) – Bass-Solo – Mobley (11:56)
BOB’S BOYS
Thema: Mobley (1. Mal), Sims (2. Mal)
Solos: Coltrane, Cohn (1:42), Mobley (2:47), Sims (3:49) – Piano- und Bass-Solos – Coltrane, Cohn (4 Takte für 2 Chorusse), Mobley, Sims (6:14) (4 Takte für 2 Chorusse), dann ab 6:44 Coltrane, Cohn, Mobley, Sims (4 Takte für 4 Chorusse)
Thema: Sims, Mobley, Coltrane, Cohn
Hier gibt es übrigens massive Probleme mit den Tempi … in „Just You, Just Me“ sind Taylor und Chambers nicht am gleichen Ort, wenn Sims einsteigt, ist das Tempo schon ziemlich langsamer geworden, im Klaviersolo (ab 4:57) wird das Tempo dann wieder schneller.
Coltrane ist hier, im September 1956, wohl noch nicht ganz bereit für eine solche „battle“, auch Mobley hat hie und da etwas Mühe mit dem Ton. Sims und Cohn hingegen (und ja, man kann sie auseinanderhalten, Sims ist der mit dem unglaublichen Vorwärtsdrang, dem unwiderstehlichen Drive, hat den flacheren Sound als Cohn (dessen Ton ich stellenweise jenem Quinichettes auf eine gewisse Weise für nicht unähnlich halte – er hat auch etwas „Hohles“, ich habe kein besseres Wort dafür … bei Quinichette, ich habe das oben erwähnt, gibt es die Möglichkeit, den Ton voller werden zu lassen – wohl eben diesen Hohlraum mit Volumen zu füllen – und diese Möglichkeit scheint Cohn auch zu haben, während Sims satter spielt und seinen Ton eigentlich immer füllt … ich weiss nicht, ob das Sinn macht, aber ich finde keine anderen Worte dafür). In den Fours spielt Coltrane bei 6:40 einen Lauf, der später in „Giant Steps“ auftauchen sollte.
„Tenor Conclave“ basiert auf „Rhythm changes“, öffnet – wie Basies „Every Tub“ mit kurzen Sax-Fanfaren. Mobley zitiert Parkers „Cool Blues“ (1:50), die Rhythmusgruppe kommt während Cohns Solo (ab 3:59) dann richtig zusammen und kocht dann ganz schön. Mobley kling in seinem Solo hier recht unsicher, finde ich – sein Ton kommt auch nicht recht zur Geltung (von den vieren hier hatte er gewiss den besondersten, aber auch – man hört das auf dem Griffin-Album mit ihm und Coltrane ziemlich brutal – jenen, der am raschesten unterging in solchen Jam-Settings). Bei 6:03 spielt Coltrane rasch Dvoráks „Humoresque“ an, eins der Stücke, das schon damals einige Dutzende Male von Jazzern gecovert sein worden dürfte. Und wieder das Tempo … am Anfang des Bass-Solos (8:05) wird Taylor schneller und dann gleich wieder langsamer … aber wenn bei 9:28 die Fours einsetzen, ist das Tempo ein ganzes Stück rascher als zu Beginn.
Die Ballade „How Deep Is the Ocean“ wird langsam angegangen, Garland gelingt es, trotz des langsamen Tempos, lebendig zu bleiben. Der Bass ist laut im Mix, man hört einige Male Chambers Finger auf den Saiten, als sei er etwas zu nah am Mikrophon. Aber die Jam-Atmosphäre gewinnt und es wird in ein funky double time Tempo gewechselt (bei 7:45, bei 7:58 hört man jemanden „Yeah!“ rufen) – schon im Piano-Solo wurde die Musik vorübergehend ziemlich funky … das war eine Spezialität von Garland/Chambers/Taylor, diese langsamen Tempi zu kochen. Sims spielt aber ein schönes Balladensolo aber im Bass-Solo von Chambers wird wieder ins schnellere Tempo gewechselt. Coltrane spielt dann ebenfalls ein sehr schönes Solo und man hört, wie er vom Mikrophon zurücktritt, um Mobley Platz zu machen. Chambers spielt hinter Mobley ein Ostinato und dieser beendet das Stück mit einer Solo-Kadenz.
Den Abschluss macht „Bob’s Boys“, ein Blues, der ähnlich Parkers „Blues for Alice“ vom üblichen Schema abweicht. Cohn endet sein Solo mit einem Zitat aus „You Ought to Be in Pictures“ (auch diese Info habe ich aus dem Booklet, das ist von den erwähnten Zitaten allerdings das einzige, das ich nicht erkennen würde, dieses Stücke kenne ich nicht). Ein ausgeschriebenes Interlude folgt, dann Mobley … und die Phrase, die dieser bei 7:14 spielt, eins seiner typischen Motive, wird ihm von Sims postwendend zurückgespielt.
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