Re: Ich höre gerade … klassische Musik!

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Gestern und heute Lust auf Chopin, aber eher auf die Textur bedacht als irgendwelche Himmelsgemälde, und seien sie donnernd, pinselnd sollte das Spiel sein. Rubinstein fiel mir ein, hieraus vor allem die je vier „Ballades“ und „Scherzos“, 1959 eingespielt:

Vor allem die Einspielung der ersten Ballade mit Horowitz wollte ich „überprüfen“; sie erschien mir bisher immer gerade in ihrer „Gewalt“ ganz treffend – natürlich im Rahmen bzw. unter den Bedingungen, die Horowitz für das Spiel vorgibt, aber das ist ja normal – und, kein Wunder, Rubinstein macht das völlig anders, setzt andere Bedingungen. Wo Horowitz alle Kraft in den Ausbrüchen zusammen nimmt, sich fast zusammenreißt, um überhaupt weiter nach vorne zu kommen, geht Rubinstein in die Fläche bzw. er bleibt in ihr, die er von Anfang an ausgelegt hat. Das spricht mich heute sehr viel mehr an. Nicht sehr viel anders in den „Scherzos“, dort allerdings höre ich, auf eine Art voreingenommen, etwas zu viel des Grandseigneurs. Ganz deutlich wurde mir das bei den „Préludes“ (1946), die nicht fehlen durften, und zwar im späteren Vergleich mit dem Herrn aus dieser Schatztruhe:

„Scherzos“ und „Ballades“ von 1954 und 1955, die „Préludes“ dann von 1959. Da ist sie auch, die Fläche, das Aufknüpfen der Horizontale in die Vertikale, und so, dass es mir schien, als würde der „Verlust“ der großen Geste, die damit einhergeht, das sonst Unhörbare nun hörbar machen. So wie Klee sagte, die Malerei mache das Sichtbare unsichtbar. Was tritt dann aber stattdessen hervor, mal angenommen, man möchte nicht in irgendeinen „Jargon der Eigentlichkeit“ driften? Kann ich nicht sagen. Nur, dass, was da zumindest heute Nachmittag bei Francois und den „Préludes“ zu hören war, glich doch verdächtig einer fixierten Trauer, dabei aber ganz absichtlos. Vielleicht lag es an der Sonne, die wie immer teilnahmslos das Geschehen verfolgte. Obwohl sie dabei mit ihren hitzigen Fingern ins Gewebe und meinetwegen auch Eingeweide zu greifen vermag. Hm.

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