Re: Ich höre gerade … klassische Musik!

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soulpope
"Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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grünschnabelEin tolles Posting.
Ich höre es genau so, dass Mahlers Weite hinsichtlich Zeit und Strukturen, damit ist in erster Linie aber ein immenser geistiger Weitblick gemeint, in überhaupt kein bisschen paradoxer Weise mit einer strengen Reduktion einhergeht – nur das wird musikalisch gesagt, was unbedingt notwendig erscheint. Weitschweifigkeit ist hier also nicht in die Nähe von Abschweifigkeit zu rücken.
Und wie du sagst: In erster Linie ging es bei den andauernden Bearbeitungen um ‚Uminstrumentierungen‘ (vor allem durch Wegnahme), die primär auf eine größere Transparenz der Orchestrierung abzielten. Der „Schöpfungsakt“ hing wohl in einigen Fällen vom ganz konkreten Konzertsaal ab, der Mahlers Klangvorstellungen u.U. präzisierte (und inspirierte), und weniger von weiteren strukturellen Ideen, welche die kompositorische Gesamtanlage verändert hätten.
Das Ausmaß an Polyphonie innerhalb der Sinfonie war für Mahler zunächst wohl in gewissem Sinne eine Überforderung – der er sich als Komponist in bewundernswert entwicklungsfähiger Weise stellte. Mahler wuchs an dieser Aufgabe, und nur so waren dann auch weitere Werke in diesem mitunter schroffen polyphonen Stil möglich – zumal in den Größenordnungen der weiteren Sinfonien.

Auch Dir Dank für Deine Gedanken zu Mahler, welche sich mit den meinigen über weiten Strecken decken …. welch ein Jammer, daß bspws Bruckner nicht diese(s) weitergehende (oft opportunistische) Selbstverständnisz bzw Akribie hatte und die an seinen kathedralen Sinfonien – oft durch Dritte veran(un?)stalteten – „Bearbeitungen“ wie intuitionslose Eingriffe in einen gewachsenen Organismus wirken ….

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