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Anonym
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gypsy tail windUnd ich sehe gerade, Muisc & Arts hat eine CD mit denselben beiden Konzerten im Angebot, und das mit höchst spannenden Leuten, Horenstein und Szell:
http://www.musicandarts.com/CDpages/CD1116hi.html
Das Ding muss wohl auch noch her!
Morini und Szell, das hört sich interessant an, ich habe bei den beiden mit dem Brahmskonzert kaum eine Vorstellung – weder kenne ich Szell mit dem Konzert noch habe ich irgendeine Ahnung von Morini mit Brahms. Aber verlockend, das mit jemandem wie Neveu vergleichen zu können.
grünschnabelJa, die ist natürlich auch drin. Dazu hatte ich neulich eine weitere weggetretene Bemerkung in #2339 gemacht. Da mich diese Schubert-Sachen so tief treffen und du mit Brendel nichts anfangen kannst: Hättest du da noch Empfehlungen hinsichtlich anderer toller Aufnahmen? Gerade bezüglich der D850 und D958?
Die Bemerkung zu D 959 war mir entgangen … Wenn Du mich nach Empfehlungen für die späten Schubert-Klaviersonaten fragst, kommt ein Reflex: Artur Schnabel, er hat sie in den 1930er-Jahren in London eingespielt, ich habe sie in dieser EMI-Ausgabe:
Es gibt aber auch inzwischen vollständigere Ausgaben, bei Music & Arts, glaube ich, da weiß gypsy mehr. – Schnabel gehört neben vor allem Eduard Erdmann zu den Leuten, die Schubert allererst wieder gespielt haben, er, Schubert, galt ja lange Zeit als Kindermann vom Dreimäderlhaus. Diese Einspielungen hier halte ich für unverzichtbar, selbst, wenn Du am Ende andere vorziehen solltest. Sie sind in den Tempi, wie auch bei Erdmann, gewiss zügiger als das heute nicht selten ist, eines indes spielen sie besonders hervor und das könnte Dich interessieren: das Dämonische, das lauert. Das schließt aber das schlichteste Cantabile in einem Andantino-Satz nicht aus, was beinahe selbst wieder dämonisch ist.
Die späte c-moll-Sonate ist von Schnabel leider nicht dokumentiert. Ich habe da nur noch zwei Einspielungen, von Radu Lupu und Claudio Arrau (Anfang und Ende der 70er). Bei Arrau, gekoppelt mit der letzten Sonate, findest Du weitausgreifende Klarheit abseits des Abgründigen, auch das hat etwas. Lupu segelt ebenfalls in der Aristokratie, wagt aber einige Sprünge mehr und könnte im Klavierton dem Brendels gar nicht so unähnlich sein. Seine Einspielungen gibt’s in einem Decca-Set, aber auch einzeln, soweit ich weiß. In Deiner Brendel-Box sind frühere Einspielungen, ja? Es soll da noch etwas aus späterer Zeit geben, das von Brendelfreunden noch mehr geschätzt wird. Aber das habe ich nur gelesen.
Die Schnabellinie, wenn ich so sagen darf, haben Leute wie Clifford Curzon und Leon Fleisher aufgenommen, das alles lässt sich hören, kommt aber an Schnabel selbst nicht vorbei bzw. darüber hinaus. Es war dann Sviatoslav Richter, der in den 50ern einen völlig anderen Weg einschlug, namentlich mit D 960. Auch diese Einspielung halte ich für unverzichtbar, im Sinn, dass man sie kennen sollte. Wenn Erdmann für den ersten Satz mit 12 Minuten hinkam (wobei ich gerade nicht weiß, ob er Wiederholungen weggelassen hat, was ich mir bei dem Pedanten allerdings nicht vorstellen kann), so nimmt sich Richter etwas über 24 Minuten. Er hat die Sonate mehrmals eingespielt bzw. gibt es inzwischen verschiedene Live-Mitschnitte. Das Konzept hat er aber beibehalten. Diese Dehnung, könnte man meinen, muss schiefgehen – aber sie funktioniert. Und mir persönlich erschließt sich dadurch Schnabels Drängen noch mehr. Brendel, nehme ich mal an, liegt zeitlich etwas dazwischen, aber insgesamt war es wohl Richter, der eine Art Mut zur Langsamkeit gelehrt hat. Explizit aufgegriffen hat das dann Valerij Afanasiev, aber auch da ist das Original – Richter – lehrreicher. Ich sehe, es gibt das gekoppelt mit der D 958:
Sonst kenne ich noch Haskil, Curzon eben, Pires, ein bisschen Pollini, Leonskaja, aber wirkliche Empfehlungen können das von mir nicht sein. Dann noch aus jüngerer Zeit Korstick mit wieder D 960, der hat auch viel Zeit, aber das müsste ich noch einmal nachhören. Stefan Litwin dann ist speziell, weil er eine ganz eigene Auffassung von den Pedalen in der letzten Sonate hat. Interessant könnte Wilhelm Kempff sein, aber weiß der Himmel warum, ich habe mich noch nicht mit seinem Schubert beschäftigt. Und dann wohl auch Uchida – aber zu ihr müsste pinch mehr sagen können. Und, um noch einen Namen zu nennen, den ich nur von anderen Komponisten kenne, den ich mir aber bei Schubert interessant zurechtdenke: Grigorij Sokolov. – Indes, eine Empfehlung also, für die ich meine Hand ins Feuer lege, ist Schnabel.
Und da Dich dieser späte Schubert so sehr trifft, warst Du schon bei seinem Streichquintett?
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