Re: Ich höre gerade … klassische Musik!

#8424663  | PERMALINK

Anonym
Inaktiv

Registriert seit: 01.01.1970

Beiträge: 0

grünschnabelDas gilt aber sicherlich nicht für seine frühere Laufbahn, als seine Gesichtszüge beim Spielen so komplett und unkontrolliert entgleist sind, dass man sich das kaum angucken konnte. Das viel Entscheidendere aber: Brendel war nach der Betrachtung irgendwelcher Fernsehaufnahmen von sich deswegen geschockt, da die Mimik eben viel zu wenig mit der Musik korrespondierte. Und ab da (weiß leider nicht mehr genau, wann das war), hat er genau daran gearbeitet.
Ich habe übrigens den Eindruck, dass er hinsichtlich des musikalischen Ausdrucks sehr, sehr vorbereitet an die Musik herangegangen ist. Das hatte meiner Wahrnehmung nach den Effekt, dass die Intensität seiner Interpretationen nicht zuletzt aus seiner stark verdichteten Vorstellung für die gesamte Architektur der Stücke resultierte. Mit seinen Empfindungen allerdings hatte das, glaube ich, wenig zu tun. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er sich um seine Empfindungen ziemlich wenig scherte beim Spielen, da er sich schlichtweg vollkommen auf die Musik konzentrierte.

So wirklich folgen kann ich Dir hier nicht … Zunächst, weil es mir kaum wichtig ist, welche Mimik oder Gestik jemand beim Spiel hat, also ob eher regungslos wie Rubinstein und Arrau oder ausufernd, was die Mimik betrifft, wie dann etwa der frühe Brendel. Es gibt da mit Sicherheit einen individuellen „Faktor“, der die Notwendigkeit zum Zappeln bedingt und ebenso dann einen Einfall wie Brendels, die Mimik passe nicht zur Musik. Eher kurios, weil ich das für eine ganz außermusikalische Überlegung oder eben Einfall halte. Und zwar, was sonst, ist sie bzw. er empfindungsgestützt, denn auch der Sinn für die Architektur braucht ja ein Vehikel, sich zu äußern, vom Instrument mal abgesehen, und ich wüsste nicht, was das anderes sein sollte als die Empfindung. Mit ihr meine ich kein bloßes Ächzen, oder was es da geben mag. Aber ein wichtiges Transportmittel für die Herausstellung auch des Hirns, das natürlich bei den Interpreten, von denen wir hier sprechen, vorhanden ist. Um nochmal auf Gulda zu sprechen zu kommen, bei der Sonate, die ich oben verlinkt hatte, und auch sonst bei Mozart, ist er ja doch recht sparsam in der Gestik (Mimik ohnehin), aber diese Drehungen in den Händen bei bestimmten Wendungen finde ich sehr nachvollziehbar. Natürlich berührt das auch die Technik des Spiels überhaupt, aber eben: die einen so, die anderen so. In der Konzentration auf die Musik, das doch immer.

--