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Anonym
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Änderung meines Hörplans, also nicht Beethoven VII und VIII, sondern nach vorn zu Petterssons Zweitem Violinkonzert:
Das Bild täuscht. Das ist ein Aufruhr der Angst, der drängenden Explosionen, die alles wollen, was es an Idylle gibt, aber kaum dorthin gelangen, oder doch in der zweiten Abteilung mit den verwunschenen Flöten, aber das alles – fleht, für die Violine, diese Stimme. Das Konzert ist, wie so oft bei Pettersson, eine einzige Aufwallung in einem einzigen Durchgang. Zwei Teile zwar; der erste setzt mit einer Wucht ein, die aber auch in der Versöhnung näheren Partie später nicht nachlässt. Die Violine – Ida Haendel, der das Werk gewidmet ist, und gewiss nicht ohne Grund, Pettersson muss gewusst haben, dass sie hier an die äußerste Verausgabung gehen würde, und sie tut es, sie zeigt mit dem ersten Ton, was Pettersson ungefähr einmal gesagt hat: Er sei kein Komponist, sondern ein Schrei. Sie hat den Kopf, alle Eingeweide auf den Saiten, da ist keine Luft dazwischen.
Das Schwedische Radiosymphonieorchester macht mit, Blomstedt auch, wenngleich beide erst so recht im zweiten Teil. Da tritt die Violine etwas zurück, wie erschöpft, aber wenn sie wieder spricht, ist sie gleich, auch in den leisen Momenten, mit allem Flehen da. Das Ende ist knapp gesetzt, vielmehr es schleicht sich ein, ein Abziehen des Bogens – als Abschluss der Häutung – wie ein komponiertes „Ich kann nicht mehr, ich habe alles gesagt und doch fehlt so viel.“
Pettersson wird Bartók nicht verachtet haben, desgleichen Schumann nicht, vermute ich. Da geht es nicht mehr um Formen, obwohl genau sie in den Köpfen waren. Das sind keine lustigen Ideen, diese Konzerte dieser Art, sondern Skalpelle.
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