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Anonym
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Eroica also, Toscanini 1949. Das ist in der Tat ein Sprung von I über II. Die Fünfte, wenn ich das heute wiederhöre, scheint mir wie die Einlösung, eine Überarbeitung der Dritten zu sein. Nicht, dass ich ein Freund von Zahlenspielen dieser Art wäre, aber in den geraden Nummern wird Beethoven immer etwas versöhnlich oder ungewiss, je nachdem. Dieser Trauermarsch ist auch sehr eigen. In ihm stöbert ständigt die Revolution – die Hoffnung, dass mit ihr etwas zu ändern, zu erlangen sei. Aber Erlangen und Ändern … das Ändern ist so abstrakt, dass es meist doch nur in Särgen endet, beweint oder unbeweint; wagt es sich hervor, wie in den Revolutionen, bis hin zum Erlangen, tritt leicht die Verstörung ein. Und dies mag ich gerne sagen, dass Beethoven hier einmal eine Verstörung komponiert. Mit allen Torpedierungen, die möglich sind, zur Zeit der Dritten. Die Torpedierung wurde noch einmal aufgenommen in der Fünften, das denke ich dennoch, sogar – ungerade Nummer – in der Siebten. Das sind alles doch dieselben Versuche, einen Anfang zu finden. Das alles ist hoch und sehr bewegt und man müsste die Torturgeschichten eines Hölderlin vielleicht hinzunehmen. „Ich bin kein Jakobiner“ – obwohl er ja einer war. Aber es gab noch die Angst. Das alles schwirrt gerade in diesen Tönen, wenn ich sie höre. Und es gibt ja verschiedene Angstzustände, Beethoven III ist einer mit dieser Facette, aber er hat ja weitergemacht, da ist noch mehr.
Jetzt weiter zu Schuricht mit VII (24. Oktober 1952 mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart). Schuricht ist gegenüber Toscanini ein Mann der Streicher, Toscanini legt doch mehr Inbrunst in die Bläser, aber er vernachlässigt die anderen Leute nicht so sehr wie Schuricht bzw. ist das schlechter aufgenommen. Sieben halte ich immer noch für den größten Ansturm Beethovens, nach der unmäßigen, revolutionär auch das, herbeigewünschten Besänftigung in der Pastorale, die Achte ist ein kluges Fragezeichen, ganz fein gezeichnet, und dann der Entscheid. Aber am liebsten wäre mir, Beethovens Elfte hören zu können.
Und der weitere Trauermarsch von Beethoven ist das Allegretto aus Beethovens Siebter. Das ist die Hoffnung auf Revolution des Todes. Die Neunte mit ihrem langsamen Satz mag gar nicht mehr genannt sein, so verhunzt wie sie allerseits ist. Und die Verrückung kommt dann ja noch in den späten Streichquartetten.
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